Kanton Bern setzt auf bessere Arbeitsbedingungen für das Gesundheitspersonal

In seiner Gesundheitsstrategie für die nächsten zehn Jahre stellt der Kanton Bern fest: Ohne bessere Arbeitsbedingungen für die Angestellten kann er seine Pläne nicht verwirklichen.

, 8. Oktober 2019 um 07:40
image
  • pflege
  • arbeitswelt
  • ausbildung
  • politik
Der Kanton Bern ist zu stark auf Spitäler und die Akutversorgung ausgerichtet. In ländlichen Regionen gibt es immer weniger Hausärzte. Und für chronisch und mehrfach erkrankte Personen fehlt es nach einem Spitalaufenthalt an der Nachversorgung.
Das sind einige der Schwächen, welche das Gesundheitssystem des Kantons Bern aufweist. Die 54-seitige Gesundheitsstrategie, die der Kanton veröffentlicht hat, zeigt sie auf. Der Bericht stellt ausserdem fest: «Viele Angestellte im Gesundheitswesen bleiben nur kurz in ihrem erlernten Beruf.»

Pflege und Rettungswesen: Zu wenig attraktive Anstellungsbedingung

Dazu zählt der Bericht weitere Probleme auf, die der Kanton bei seinen Angestellten im Gesundheitswesen hat: Qualifiziertes Personal drohe von Bern in andere Kantone abzuwandern, weil insbesondere im Rettungswesen und im Pflegebereich die Anstellungsbedingungen zu wenig attraktiv seien.
Die Spitäler und Heime seien auf Personal aus dem Ausland angewiesen. Oft müssten Angestellte im Gesundheitswesen mehr arbeiten, weil die Stellen nicht besetzt werden können. Und: Die Löhne seien zu tief, was sich auf die Attraktivität des Berufs auswirke.

In 10 Jahren gehen viele Angestellte in Pension

Das sind schlechte Voraussetzungen für die Zukunft. Denn der Kanton Bern rechnet mit einer überproportionalen Zunahme des Personalbedarfs. Nicht nur deshalb, weil es mehr alte Menschen und mehr Behinderte geben wird. Der Kanton Bern rechnet auch damit, dass viele ältere Mitarbeitende im Gesundheitswesen in den nächsten 10 bis 15 Jahren pensioniert werden.
In seiner Gesundheitsstrategie setzt der Kanton die Förderung des Personals deshalb an die dritte Stelle – noch vor der Förderung der Forschung und vor der Förderung der Digitalisierung des Gesundheitswesens.

Kanton will kompetentes und leidenschaftliches Personal

Als Vision beschreibt der Kanton folgendes Szenario für das Personal: «Die im Gesundheitswesen arbeitenden Menschen üben ihren Beruf mit Kompetenz und Leidenschaft aus, in einem beruflichen Umfeld, das gute Arbeitsbedingungen und Entwicklungsperspektiven bietet und in dem ihnen mit Wertschätzung begegnet wird.»
Mit attraktiven Arbeitsbedingungen bei den Leistungserbringern soll Personal gewonnen, gehalten und motiviert werden: So lautet die Absicht. Hohe Priorität hat für den Kanton Bern vor allem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Sie soll gefördert werden.

Strategie hat fünf Stossrichtungen

Wie weit der Kanton diese Ziele denn auch tatsächlich umsetzen will und kann, ist in der Strategie nicht konkreter erläutert. Die Bekämpfung des Fachkräftemangels ist jedoch eine der fünf Stossrichtungen, die der Kanton in den nächsten zehn Jahren im Gesundheitswesen verfolgen will.
Als erste und wichtigste Stossrichtugn will der Kanton vor allem die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung fördern. An zweiter Stelle sollen chronisch und schwer Kranke ganzheitlicher und nicht mehr nur im Spital behandelt werden.

Drei Monate Zeit für eine Stellungnahme

An dritter Stelle folgt die Personalförderung. Viertens sollen Forschung, Entwicklung und Innovationen gefördert werden. Fünfte und letzte Stossrichtung ist die Digitalisierung des Gesundheitswesens.
Bis am 10. Januar sollen Parteien, Verbände, Gemeinden und Interessierte mitteilen, was sie von der Strategie des Kantons halten.

Das Berner Gesundheitswesen in Zahlen

Der Kanton Bern hat derzeit 19 Spitäler, 14 Psychiatriekliniken, 9 Rehabilitationskliniken, 307 Alters- und Pflegeheime, etwa 3000 Arztpraxen – was 2,9 Praxen pro 1000 Einwohnern entspricht – sowie 96 Spitex-Organisationen. Dazu kommen 284 freischaffende Pflegefachpersonen.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Deutschland: «Den Uniklinik-Ärzten reisst der Geduldsfaden»

Die Tarifverhandlungen sind gescheitert: Deshalb wird erneut zum Streik aufgerufen.

image

Corona: Kein Ausfall-Geld für die Spitäler

Der Bund will sich nicht an den pandemiebedingten Ertragseinbussen der Spitäler beteiligen.

image

Ältere Ärztinnen und Ärzte werden vom EPD befreit - wenigstens vorläufig

Wird die Ärzteschaft dazu gezwungen, das EPD bereits in zwei Jahren aufzuschalten, könnten die älteren Semester vorzeitig abspringen.

image

EPD: Übungsabbruch ist kein Thema

Nach dem Nationalrat stimmt am Dienstagmorgen auch der Ständerat einer Übergangsfinanzierung für das EPD zu.

image

Temporärarbeit in der Pflege verdient Neubeurteilung

Das Pflegepersonal ächzt unter dem Fachkräftemangel. Personaldienstleister helfen, dringend benötigtes Personal für Gesundheitseinrichtungen zu finden und tragen doppelt zur Problemlösung bei: Es gelingt Lücken zu schliessen und flexibilitätssuchende Fachkräfte gehen der Branche nicht ganz verloren.

image
Gastbeitrag von Felix Schneuwly

EPD: Noch mehr Geld und Zwang machen es auch nicht besser

Ein brauchbares elektronisches Patientendossier wäre überfällig. Aber weiterhin sind wichtige Fragen offen. Zum Beispiel: Wie müsste das EPD sein, damit es auch genutzt wird? Warum fehlen viele praktische Features?

Vom gleichen Autor

image

Bedrohtes Spital geht langsam wieder in Normalbetrieb

Eine 65-Jährige verschanzte sich mit einer Schreckschusswaffe in einem Aachener Spital. Die Verantwortlichen sind «zutiefst erschüttert».

image

Ärzte in der Krise: Immer mehr suchen Unterstützung

Zu viel Arbeit, Burn-Out, Angst, Selbstzweifel und Depression: Das sind die fünf Hauptgründe für Ärzte und Ärztinnen, sich Hilfe bei der Remed-Hotline zu holen.

image

Gefragter Aarauer Frauenarzt macht sich selbständig

25 Jahre lang war Dimitri Sarlos an der Frauenklinik des Kantonsspitals Aarau angestellt. Im Oktober eröffnet der Chefarzt eine eigene Praxis.