Herr Martinelli, hatten Sie auch mit der Firma Alkopharma zu tun?Ja. Das war vor 2012, als Novartis ihr Medikament Navoban der Walliser Alkopharma auslizensierte. Da mussten wir mit Alkopharma zusammenarbeiten, weil wir das Präparat mit gutem Erfolg im Einsatz hatten. Das ohne Bewilligung vertriebene Krebsmedikament hatten wir bei uns aber nicht im Einsatz.
Das ist kein gutes Zeugnis für Novartis.Novartis trifft meines Erachtens keine Schuld. Vielleicht kann man den Baslern den Vorwurf machen, bei der Auswahl ihrer Partner nicht mit der nötigen Sorgfalt vorgegangen zu sein.
Zu was dient Novoban?Es bekämpft Übelkeit bei Krebspatienten.
Wie war die Zusammenarbeit mit Alkopharma?Zum Glück nur kurz. Sie war nicht wirklich angenehm.
Können Sie das konkreter erklären?Ich habe die Verantwortlichen als ziemlich arrogant in Erinnerung. Insbesondere auch nach dem Zwischenfall kam weder ein Wort der Entschuldigung noch des Bedauerns. Es gab eine lapidare Meldung, dass das Produkt wieder lieferbar sei. Nicht einmal ansatzweise der Versuch, das Vertrauen wieder herzustellen.
Und wann hat das Spital Interlaken die Zusammenarbeit aufgelöst?Als im Jahr 2011 bekannt wurde, dass Alkopharma abgelaufene Medikamente vertrieben und das Verfalldatum gefälscht hat, haben wir gehandelt und die Zusammenarbeit unter Protest eingestellt.
Enea Martinelli
Der Chefapotheker der Spitäler FMI, Jahrgang 1965, ist in Interlaken aufgewachsen. Seit 1998 ist er Vorstandsmitglied der Gesellschaft Schweizerischer Amts- und Spitalapotheker. Dort ist er aktuell zuständig fürs Ressort Politik. Das passt: Martinelli ist Präsident der BDP Kanton Bern und kandidiert für die Grossratswahlen vom 25. März 2018.
Dann mussten Sie Novoban ersetzen.Ja, leider. Wir setzten danach ein Generikum von Zofran ein. Dieses Präparat hat zwar den Nachteil, dass es in gewissen Fällen die QT-Zeit verlängern kann. Das Risiko ist jedoch gut beherrschbar.
Das Walliser Gericht befand das Vorgehen von Alkopharma nicht so dramatisch.Das Gerichtsurteil hat mich dann schon sehr erstaunt. Das ist doch ein krasser Fall von Konsumententäuschung.
Thomas Cerny von der Krebsliga Schweiz sagt, Krebsmedikamente würden häufig zu früh weggeworfen.Das kann ich nicht beurteilen. Wir sind aus haftungsrechtlichen Gründen an das Einhalten der Verfalldaten gebunden. Doch der aktuelle Fall zeigt eigentlich das Gegenteil. Hier wurde ja ein Haltbarkeitsdatum verlängert bei einem Präparat, das häufig verwendet wurde.