Hirnwasserverlust: Schwierige Suche nach dem Leck

Eine Publikation zur spontanen intrakraniellen Hypotension liefert Grundlagen für Guidelines zu Diagnose und Therapie. Ärzte des Inselspitals haben die Forschungsarbeit geleitet.

, 3. März 2022 um 06:00
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Die spontane intrakranielle Hypotension (SIH) tritt infolge eines Verlusts von Hirnflüssigkeit durch ein Leck in der sogenannten harten Hirnhaut auf. Man spricht daher auch vom Liquorverlustsyndrom (Liquor = Hirnflüssigkeit).
Die SIH ist ein oft übersehenes Krankheitsbild und tritt schätzungsweise bei 5 von 100’000 Personen pro Jahr auf. Sie wird durch einen kleinen Einriss in der harten Hirnhaut im Bereich der Wirbelsäule, meist durch einen scharfkantigen Mikrosporn (verkalkter Bandscheibenvorfall), ausgelöst. Sie kann aber auch durch den Einriss einer Nerven-Wurzeltasche ausgelöst werden, was jedoch seltener der Fall ist.

Publikation zur SIH: Ärzte des Inselspitals waren massgeblich beteiligt

Ein Review-Artikel, der in der Fachzeitschrift «The Lancet Neurology» erschienen ist, fasst den Forschungsstand zur SIH zusammen. Daran beteiligt war ein internationales Forschungsteam aus Kanada, den USA, Deutschland und der Schweiz. Geleitet wurde die Forschungsarbeit von Ärzten des Inselspitals. Die Insel Gruppe hat deshalb in einer Medienmitteilung darüber berichtet.
Erstautor Tomas Dobrocky, Oberarzt Neuroradiologie am Inselspital, sagt: «Vor zehn Jahren stand die SIH auf kaum einer Differentialdiagnosen-Liste einer Klinikerin oder eines Klinikers. Dank der Forschungsanstrengungen der letzten Jahre wurden pathophysiologische Zusammenhänge identifiziert und neue therapeutische Optionen etabliert.» Der Review-Artikel solle in erster Linie die Aufmerksamkeit auf das Liquorverlustsyndrom auch in breiteren Fachkreisen ausserhalb der Neurologie fördern. «Wir gehen davon aus, dass noch immer viele Fälle nicht, oder zu spät diagnostiziert werden», so der Facharzt für Radiologie. 

Diese Symptome sind ein wichtiger Hinweis für die Diagnose

Bei einer SIH führen der kontinuierliche Verlust der Hirnflüssigkeit und der daraus entstehende Unterdruck im Schädel typischerweise zu Kompfschmerzen, die im Stehen an Intensität zunehmen und sich nach dem Hinlegen rasch bessern. Diese sogenannten orthostatischen Kopfschmerzen sind für die Diagnose ein wichtiger Hinweis.
Das Leck in der harten Hirnhaut zu lokalisieren, ist alles andere als einfach: Kann es sich doch um eine Öffnung in der Grösse eines Stecknadelkopfes handeln, die irgendwo im Bereich der Wirbelsäule liegt. Co-Letztautor Eike Piechowiak, Spitalfacharzt Neuroradiologie am Inselspital, erklärt: «Im Rahmen eines Stufenschemas werden zunächst spezielle MRI-Aufnahmen von Kopf und Wirbelsäule angefertigt. In einem zweiten Schritt erfolgt die genaue Lokalisation des Lecks mittels dynamischen Untersuchungen in der Myelographie [radiologische Kontrastdarstellung der Wirbelsäule und des Spinalkanals].» Die Therapie erfolge mit einem Blutpatch (Abdichtung des Lecks mit Eigenblut) oder mit einem neurochirurgischen Eingriff.

Weitere Forschungsanstrengungen sind nötig

Ziel ist es, dass die Diagnose SIH früher und mit möglichst praxisnahen Mitteln gestellt werden kann. Andreas Raabe, Klinikdirektor und Chefarzt der Universitätsklinik für Neurochirurgie am Inselspital, sagt: «Die langjährige Forschungsarbeit wird in künftige diagnostische und therapeutische Guidelines einfliessen.» Zukünftige Forschungsfragen würden Möglichkeiten nachgehen, ein Liquorleck schneller und ohne invasive Untersuchungen zu lokalisieren. «Wir werden die Therapieoptionen genau studieren und uns mit der Frage nach Langzeitfolgen von spontanem Liquorverlust auseinandersetzen müssen.» 
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