Ärzte in der Krise: Immer mehr suchen Unterstützung

Zu viel Arbeit, Burn-Out, Angst, Selbstzweifel und Depression: Das sind die fünf Hauptgründe für Ärzte und Ärztinnen, sich Hilfe bei der Remed-Hotline zu holen.

, 7. März 2024 um 07:09
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Symbolbild: Medinside, erstellt mit Midjourney.
Ärztinnen und Ärzte sind stark gefordert, wenn sie für die der Gesundheit ihrer Patientinnen und Patienten arbeiten – manchmal so stark, dass sie selber zu leiden beginnen. Deshalb hat die FMH selber vor 15 Jahren die 24-Stunden-Hotline Remed ins Leben gerufen, welche Kolleginnen und Kollegen in Krisen unterstützt.
Letztes Jahr gingen 259 Anfragen bei Remed ein. Das bedeutet das Sechsfache an Anfragen seit Beginn des Angebots.
Die Hauptgründe der Ratsuchenden waren die «Belastung am Arbeitsplatz», gefolgt von «Burn-Out», «Angst», «Selbstzweifel» und «Depression». 170 Anfragen kamen aus der Deutschschweiz, 86 aus der Romandie und drei aus der italienischen Schweiz.

Mehr Frauen als Männer

Es melden sich bedeutend mehr Frauen als Männer, das Verhältnis ist zwei Drittel zu ein Drittel. Das Durchschnittsalter der Ratsuchenden beträgt 40,4 Jahre.
Hinter den trockenen Zahlen verbergen sich Ängste und Nöte, die viele Unbeteiligte überraschen, weil sie Ärztinnen und Ärzte fälschlicherweise als stark und unverletzlich ansehen.

Die Ängste einer Assistenzärztin

Dass das eine falsche Annahme ist, zeigen zum Beispiel die anonymisierten Schilderungen einer Assistenzärztin, welche in der «Schweizerischen Ärztezeitung» erschienen sind:
  • «Bereits nach sechs Monaten an meiner allerersten Stelle als Assistenzärztin fühle ich mich völlig unfähig in meinem Beruf.»
  • «Ich habe viel zu viele Ängste! Zum Beispiel Angst davor, Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen, Ängste davor, verheerende Fehler zu machen und dabei Patienten zu schädigen, allgemein davor zu versagen und davor, dass meine Unfähigkeit für andere immer sichtbarer wird.»
  • «Ich bewundere und beneide die anderen und sehe mich im Vergleich zu ihnen völlig unfähig, den Arztberuf auszuüben, und schlussendlich als Versagerin.»

Verzweifelt und ohne Perspektive

So wie diese Ärztin sind auch viele andere Ratsuchenden, die sich an Remed wenden, verzweifelt und sehen keine Perspektiven mehr. Es kommt auch vor, dass sich Ärztinnen und Ärzte melden, denen ein Fehler unterlaufen ist.
Insbesondere bei schwerwiegenden Ereignissen leiden sie oft stark und lange darunter – das «Second Victim»-Phänomen. Auch diese Mediziner sollen von Remed Hilfe erhalten.

Auffangen & begleiten

Bei jeder Kontaktaufnahme meldet sich ein Arzt des 13-köpfigen Beraterteams innerhalb von 72 Stunden und bespricht die persönliche Situation.
Das Ziel von Remed ist es, Ärztinnen und Ärzte in solchen kritischen Situationen rechtzeitig aufzufangen und sie auf dem Weg aus der Krise zu begleiten. Zu diesem Zweck vermittelt Remed geeignete weiterbetreuende Fachpersonen.
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