Handys und Krebs: Jetzt also doch?

Eine Langfriststudie aus den USA dürfte die Debatte um die Strahlenrisiken neu entfachen: Die jetzt veröffentlichten Ergebnisse deuten eine Häufung bei zwei Krebsarten an.

, 27. Mai 2016 um 12:15
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  • forschung
  • onkologie
Wie riskant sind Handystrahlen? Mittlerweile erinnert diese Frage wohl die meisten Mediziner eher an die Impf-Streitigkeiten oder an die Komplementärmedizin-Debatten. So richtig nachweisen liess sich da bislang nichts, und manches riecht einfach nach Verschwörungstheorie.
Eine neue Studie besagt nun aber: Doch, es kann einen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang geben zwischen zwei Krebsarten und Radiofrequenz-Strahlen.
Diese Untersuchung, soeben veröffentlicht, wurde im Rahmen des National Toxicology Program der USA erarbeitet und im Peer-Review-Verfahren von Vertretern der National Institutes of Health (NIH) überprüft. Genau genommen handelt es sich um vier Tests, die jetzt in einem Vorausbericht präsentiert wurden.

Michael Wyde, Mark Cesta, Chad Blystone et al.: «Report of Partial findings from the National Toxicology Program Carcinogenesis Studies of Cell Phone Radiofrequency Radiation in Hsd: Sprague Dawley® SD rats (Whole Body Exposure)», in: «BioRxiv», 26. Mai 2016.

Untersucht wurde mit Ratten, die – teilweise beginnend in utero und danach ihr ganzes Leben lang – in Art und Menge jenen Handy-Strahlen sind, die in den USA dem gängigen Standard entsprechen. Der Langfrist-Versuch ergab, dass die ausgesetzten Ratten signifikant häufiger Neurinome am Herzen sowie bösartige Gliome im Hirn entwickelten.
Allerdings trat diese Häufung nur bei männlichen Ratten auf – und auf der anderen Seite stellten die Toxikologen auch fest, dass es keine Unterschiede gab, ob die Ratten schon ab dem Zeugungszeitpunkt oder erst danach den Handy-Frequenzen ausgesetzt wurden.

«…are considered likely the result»

Dennoch: Als Resultat der Zweijahres-Studie hielten die Forscher recht deutlich fest, dass die festgestellten Zellveränderungen in Hirn und Herz der Versuchsratten «are considered likely the result of whole-body exposures to GSM- or CDMA-modulated RFR» – also wahrscheinlich als Resultat der Ganzkörper-Exposure auf die erwähnten Strahlen betrachtet werden müssen. Und die Einordnung der Mobiltelefone als womöglich karzinogen durch die WHO werde durch die Daten hier unterstützt.
Gewiss, die statistische Häufung ist nicht eben hoch, es handelt sich um Tierversuche – aber unter einem Aspekt werden die Ergebnisse zu beachten sein, wie das US-Medizin-Portal «Stat» in einer ersten Reaktion feststellt: Angesichts der Tatsache, wie viele Menschen in der Welt regelmässig Mobiltelefone benützen, hätte eine kleine Erhöhung der Inzidenz jener Krebsarten beim Menschen einen grösseren Impact auf die öffentliche Gesundheit. 
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