Wollen Sie abnehmen? Dann versuchen Sie es doch mal ohne Apps und Tracker

Gut möglich, dass solche Geräte die Abnehm-Bemühungen sogar regelrecht sabotieren. Eine neue Studie liefert handfeste Indizien dazu.

, 22. September 2016 um 06:16
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Dass die Fitness-Messgeräte eher das Gewissen als den Körper stärken – dies suggerierten schon diverse Studien (siehe den Überblick hier). Gut untermauert ist auch die Einsicht, dass Fitness-Tracker sowieso meistens von Menschen gekauft werden, die schon gesundheitsbewusst sind und höchstens ihre Fortschritte beobachten wollen.
Dennoch fehlt noch viel Datenmaterial zur Wirkung solcher Selbst-Messgeräte. Aber nun erfasste Stichproben-Studie der Universität Pittsburgh immerhin 500 Menschen, welche sich darum bemühten, an Körpergewicht zu verlieren – teils mit digitaler Unterstützung, teils ohne.
John M. Jakicic, Kelliann K. Davis, Renee J. Rogers et al.: «Effect of Wearable Technology Combined With a Lifestyle Intervention on Long-term Weight Loss. The IDEA Randomized Clinical Trial», in: JAMA / «Journal of the American Medical Association», September 2016. 
Konkret handelte es sich um übergewichtige Männer und Frauen zwischen 18 und 35 – in einem Alter also, wo der Umgang mit digitalen devices selbstverständlich geworden ist. Sie durchliefen erst ein halbjähriges Abnehmprogramm, bei denen sowohl Ernährungs- als auch Bewegungs-Ziele einzuhalten hatten.
Danach begann das eigentliche Experiment. Die Testpersonen wurden dann in zwei Gruppen unterteilt: Die eine Gruppe erhielt ein tragbares Tracking-Gerät, welches ihre Aktivitäten aufzeichnete und sie auch darüber informierte, ob sie sich genügend bewegten und wieviele Kalorien sie wo abbauten.
Und andere Gruppe? Sie erhielt kein solches Gerät.
Das Ergebnis war nun nicht einfach enttäuschend für die Freunde solcher Devices, sondern regelrecht verblüffend: Die Menschen ohne Gerät hatten am Ende der 18-Monatigen Testperiode sogar mehr Gewicht verloren als die Kollegen mit dem Tracking-Gerät am Arm.
Genauer: Die einen hatten ihr Gewicht im Schnitt um 5,9 Kilo gesenkt, bei den anderen betrug der Wert 3,6 Kilo.
Siehe auch: Machen Fitness-Tracker wirklich fitter? Der medizinische Nutzen solcher Geräte sollte endlich erforscht werden.
Was ist da passiert? Zum einen scheinen solche Geräte ohnehin nur eine zeitlich begrenzte Wirkung zu haben. Man benützt sie eine Weile – und lässt sie dann links liegen. Diesen Eindruck bestätigte der Leiter der Studie aus Pittsburgh, John Jakicic: «Wir stellten fest, dass die Nutzung im Verlauf der Studie sank», sagte der Sportmediziner gegenüber BBC.

These: Die Geräte lenken nur ab

Denkbar sei zudem, dass die «Geräte-Nutzer» stärker auf sportliche Übungen und Bewegungswerte fixiert gewesen seien – und weniger auf die Abnehmtipps, die eben auch zum Programm gehörten: Fitness vor Diät. Womöglich habe Technologie davon abgelenkt, das Ernährungs-Verhalten wichtig genug zu nehmen.
«Man denkt da vielleicht eher: "Ich war so aktiv – jetzt kann ich mir einen Cupcake leisten"», mutmasste Jakicic im BBC-Gespräch.
Kurz: Man muss diese Geräte jetzt noch nicht in Bausch und Bogen verurteilen. Aber klar sei, so Jakicic, dass hier weitergeforscht werden müsse. Zum Beispiel in der Frage, welche Personen von der Verwendung solcher digitaler Technologien profitieren – und bei welchen sie ohne Wirkung bleiben.


  • Monitoring and Feedback for Long-Term Weight Loss»: Der JAMA-Filmbeitrag zur Studie:

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