«Covid-Vakzine verursachen Meldungen wie keine andere»

«Covid-Impfung: Zahl der Nebenwirkungen explodiert» titelte «Medinside» vor einer Woche. «Swissmedic» hat auf die offenen Fragen Stellung genommen: ein Update.

, 30. Juni 2021 um 05:13
image
Zur Erinnerung: Während die «WHO» Anfang Mai 660'773 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen in der Datenbank «VigiAccess» registrierte, waren es am 23. Mai, 1'198'200. «Medinside» berichtete hier darüber. Bis heute sind knapp weitere 60'000 Meldungen hinzugekommen: aktuell sind es 1'257'452 an der Zahl (siehe Printscreen unten). 56 Prozent stammen aus Europa. Die Lage in der Schweiz: Bis zum 15. Juni hat die Schweizerische Zulassungs- und Aufsichtsbehörde für Arzneimittel und Medizinprodukte Swissmedic 2'944 Meldungen über vermutete unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) durch Covid-19 Impfungen ausgewertet. Registriert sind hierzulande 7’738 Reaktionen nach einer Covid-Impfung (in den meisten Meldungen wird über mehr als eine Reaktion berichtet).

«Keine vergleichbaren Zahlen»

Das ist viel, so die Einschätzung von «Medinside». Doch «Swissmedic» relativiert: Ob eine Zahl «viel» oder «wenig» sei, erkläre sich erst im Kontext: «Bis zum 20. Juni 2021 wurden laut Bloomberg weltweit mehr als 2,62 Milliarden Impfstoffdosen gegen das Coronavirus verabreicht», in diesem Kontext seien die über eine Million Verdachtsfälle der «WHO»-Zahlen zu sehen, schreibt «Swissmedic» und rechnet vor:
  • Anzahl an Covid verstorbene Personen in der Schweiz: 10’900 
  • verabreichte Impfdosen: 6,2 Millionen / Anzahl geimpfte Personen: 3,8 Millionen
  • Anzahl Nebenwirkungs-Meldungen: 2'944 (davon nicht schwerwiegend: 1'901 = 65%)
Diese Zahlen müsse man vor einer Wertung einordnen. Eingeordnet werden sollte in diesem Fall auch die «Anzahl an Covid verstorbener Personen in der Schweiz». Ob diese 10'900 Menschen tatsächlich an Covid-19 verstorben sind, bestätigt das Bundesamt für Statistik (BFS) nicht.
Der Statistik betreffend Sterblichkeit und Todesursachen ist zu entnehmen, dass von den 9900 Menschen, «die in der ersten und zweiten Welle der Covid-19-bedingten Übersterblichkeit verstarben, einige auch ohne Covid-19 kurz vor ihrem Lebensende standen und durch Covid-19 vermutlich nur wenige Wochen oder Monate ihres Lebens verloren hatten». Eine Gesamtbilanz der Todesfälle infolge von Covid-19 werde man erst nach Abschluss der Epidemie in der Schweiz ziehen können. 
Ebenso ist davon auszugehen, dass diese Menschen (ähnlich den Todesfällen nach einer Covid-Impfung; Medinside berichtete hier darüber) nicht alle obduziert wurden. Hinzu kommt, dass das BAG von 10'349 laborbestätigten Todesfällen spricht und nicht von 10'900 (Stand: 29. Juni 2021). 
Tatsache ist: In den letzten 20 Jahren gab es – wie «Swissmedic» gegenüber «Medinside» bestätigt – noch nie «eine vergleichbare Anzahl an Meldungen» wie nach den Impfungen mit den Covid-Impfstoffen. Hinzu kommt, dass die Spontanmeldungen nicht die Realität abbilden, weil nicht alle bei «Swissmedic» ankommen. 

Männer-Anteil ist unrealistisch 

Das sieht man etwa daran, dass Frauen hinsichtlich der Nebenwirkungen mit 68,7 Prozent den Löwenanteil ausmachen. Weltweit gesehen sind es gemäss «VigiAccess» sogar über 70 Prozent. Das soll aber kein neues Phänomen sein: «Global gesehen enthalten alle Pharmakovigilanz-Datenbanken mehr Berichte für Frauen», so «Swissmedic». Die vermuteten Gründe wurden im letzten Bericht aufgezeigt; dazu gehört unter anderem die niedrigere Hemmschwelle der Frauen, einen Arzt aufzusuchen. 
Sicher ist: Zulassungsstudien der in der Schweiz verabreichten Covid-19-Impfstoffe von Pfizer/Biontech und Moderna zeigen, dass Männer etwa gleich häufig von unerwünschten Ereignissen betroffen sind wie Frauen. Dass lediglich 28 Prozent der Männer von Nebenwirkungen betroffen sein sollen, ist deshalb eher unrealistisch.

Aborte sind «Swissmedic» nicht bekannt

Hinsichtlich der bei «Mediside» eingegangen Hinweise von Nebenwirkungen wie das Ausbleiben der Menstruation, oder andere Veränderungen des weiblichen Zyklus, schreibt «Swissmedic»: «Diese Nebenwirkungen sind bei Swissmedic bekannt, sie werden aber kaum gemeldet.» 
Kenntnisse von Aborten im Zusammenhang mit den Covid-Impfungen hat die Zulassungs- und Aufsichtsbehörde für Arzneimittel und Medizinprodukte nicht. Das sei teilweise ein Thema in sozialen Medien und Onlineplattformen. Spontanaborte würden vorkommen – sie seien aber nicht unikausal einer Impfung zuzuordnen. «Die Publikation der US-CDC mit über 60'000 Schwangeren hat ebenfalls keine Hinweise auf solche Risiken ergeben.» 
Auch über die beschriebenen Nebenwirkungen des anonymen Arztes wie zum Beispiel Erblindung oder die Verschlechterung des Gehörs hat «Swissmedic» keine Kenntnisse. Einige wenige Meldungen über vorübergehende Gesichtslähmungen seien hingegen eingegangen.
Wie «Medinside» beobachtet, häufen sich Meldungen mit Nebenwirkungen wie etwa braune und gelbe Flecken am Körper, Menstruationsprobleme wie starkes Bluten oder das Ausfallen der Regel, Sinusvenenthrombosen, oder Körperlähmungen, die auf sozialen Kanälen, Schweizer Foren und in Gruppen für Impfschäden kommuniziert werden. 
Die Krux: Solange die Betroffenen ihre Nebenwirkungen nicht melden, kann Swissmedic» diese nicht registrieren. Bleibt also abzuwarten, wie die neuen «Swissmedic»-Zahlen hinsichtlich der UAW-Meldungen aussehen. Diese sollten Ende Woche kommuniziert werden. 
image
Das sind die kategorisierten Impf-Nebenwirkungsfälle nach dem Auszug der WHO-Datenbank VigiAccess von heute Dienstag.

Schwerwiegende Nebenwirkungen sollten gemeldet werden

Swissmedic bittet darum, folgendes zu beachten: Reaktionen, die bekannt und nicht schwerwiegend sind, fallen nicht unter die Meldepflicht nach Art. 59 des Heilmittelgesetzes. 
Zu den bekannten, nicht-schwerwiegenden und sehr häufigen Reaktionen auf die Covid-19-Impfstoffe zählen zeitweilige Schmerzen und Schwellung an der Injektionsstelle, Müdigkeit, Schüttelfrost, Fieber, Kopf- sowie Muskel- und Gelenkschmerzen. Diese vorübergehenden Lokal- und Allgemeinreaktionen sind in der Regel ein Ausdruck der Auseinandersetzung des Organismus mit dem Impfstoff.
Zu melden sind jedoch schwerwiegende oder bisher nicht bekannte unerwünschte Wirkungen. Generell sollten Ärztinnen und Ärzte in dieser relativ frühen Phase der Impfkampagne alle UAWs melden, die sie als medizinisch relevant bewerten. Für diese Meldung von unerwünschten Wirkungen sollte das elektronische Meldetool ElViS verwendet werden, in das sich Ärztinnen und Ärzte auch mit ihrem HIN-Zugang einloggen können.
Speziell für Meldungen zu Covid-19 Impfstoffen wurde ElViS jetzt nochmals vereinfacht: Nach dem Einloggen führt ein roter Button direkt zu einem spezifischen Meldeformular. In diesem Formular werden nach Auswahl des jeweiligen Impfstoffs einige Felder vorausgefüllt, um das Melden zusätzlich zu vereinfachen.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Das Corona-Fazit des Epidemie-Experten

Mehr Daten und weniger Verschwörungstheorien: So die Bilanz des Epidemiologen Marcel Salathé. Er leitete das Covid-19-Forschungsprogramm.

image

Schweiz stellt Weichen für langfristiges Coronavirus-Management

Der Bund stellt seine Antwort auf die langfristigen Herausforderungen von Covid 19 vor.

image

Covid: Weniger Spitalaufenthalte durch Nasenspülung

Eine alte Heilmethode könnte das Risiko einer Sars-Cov-2-Erkrankung senken. Das legen neue Forschungsergebnisse nahe.

image

KI-Tool aus Harvard sagt Covid-19-Varianten voraus

Wäre das Tool der Harvard-Forscher zu Beginn der Pandemie eingeführt worden, hätte es die besorgniserregendsten Varianten identifizieren können, bevor sie auftraten.

image

Covid-Bericht: Schlechte Zusammenarbeit von Bund und Kantonen

Eine Untersuchung der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats zeigt: Der Bund hat während der Corona-Pandemie teils schlecht mit den Kantonen zusammengearbeitet.

image

Wie Covid das Risiko für Herzinfarkte erhöht

Forschende aus den USA haben erstmals eine direkte Verbindung zwischen Covid-19-Infektionen und Herzkomplikationen und Schlaganfällen festgestellt.

Vom gleichen Autor

image

Kinderspital verschärft seinen Ton in Sachen Rad-WM

Das Kinderspital ist grundsätzlich verhandlungsbereit. Gibt es keine Änderungen will der Stiftungsratspräsident den Rekurs weiterziehen. Damit droht der Rad-WM das Aus.

image

Das WEF rechnet mit Umwälzungen in einem Viertel aller Jobs

Innerhalb von fünf Jahren sollen 69 Millionen neue Jobs in den Bereichen Gesundheit, Medien oder Bildung entstehen – aber 83 Millionen sollen verschwinden.

image

Das Kantonsspital Obwalden soll eine Tochter der Luks Gruppe werden

Das Kantonsspital Obwalden und die Luks Gruppe streben einen Spitalverbund an. Mit einer Absichtserklärung wurden die Rahmenbedingungen für eine künftige Verbundlösung geschaffen.