Entlassungen und Unmut nach Übernahme

Im Mai hat die private Ameos-Gruppe das Spital Einsiedeln übernommen. Für das Personal blieb dies nicht ohne Folgen.

, 13. Januar 2021 um 07:00
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Im Mai 2020 kam es zu einem Novum – erstmals wurde ein Schweizer Grundversorgungsspital ganz von einer privaten Spitalgruppe übernommen. Das Spital Einsiedeln wird nun von der in Zürich ansässigen, aber vor allem in Deutschland tätigen Ameos-Gruppe betrieben. Nun zeigen Recherchen von «Medinside», dass es unter Ameos zu Entlassungen und Verschlechterung der Arbeitsbedingungen gekommen ist. So sorgt ein Wechsel der Pensionskasse für höhere Beiträge und tiefere Rentenansprüche.
Seit der Übernahme sei es zu keinen positiven Effekten für das Personal gekommen, sagt Viviane Hösli von der Gewerkschaft VPOD auf Anfrage. Verschlechterungen habe es gleichzeitig mehrere gegeben. Sie zählt dabei eine ganze Reihe von Punkten auf. Etwa die Entlassungen von fünf langjährigen Angestellten aufgrund der Schliessung des spitaleigenen Restaurants. «Besonders stossend ist, dass vier der Entlassenen über 58 Jahre alt sind», sagt sie.

Das sagt das Spital

Mirjam Panzer, Sprecherin des Ameos Spitals Einsiedeln bestätigt die Entlassungen. Im Zusammenhang mit der Umwandlung des Restaurants in einen Selbstbedienungsbetrieb seien «die Arbeitsverträge mit fünf Teilzeit-Mitarbeiterinnen mit niedrigen Pensen im Rahmen der ordentlichen Kündigungsfristen per 31.1.2021 gekündigt» worden. 
Man habe sich aufgrund deren langjährigen Tätigkeit entschieden, «den fünf Mitarbeiterinnen finanzielle Unterstützung im Umfang von zwei zusätzlichen Monatsgehältern auszurichten», so Panzer.
Hösli sagt, dass die gesetzlichen Kündigungsfristen am 31. März enden müssten. Wenn Ameos die Kündigungsfristen nun bis dahin verlängere, erfülle sie einzig das gesetzliche Minimum.

Funktioniert die Sozialpartnerschaft?

Es ist nicht die einzige Stelle, an der Aussagen von Ameos bei den Sozialpartnern für Verwunderung sorgen. So etwa im Kontext von GAV-Verhandlungen. Ameos teilt gegenüber von «Medinside» mit, man habe «sich nach der Übernahme mit den Sozialpartnern darauf geeinigt, das Thema auf das Jahr 2022 zu verschieben.»
Bei den Gewerkschaften nimmt man das anders wahr. Ameos habe das in einem Schreiben einseitig so festgestellt. Der GAV werde von einem Grossteil des Personals gefordert.

«Grosser Unmut»

Auch der Umgang mit entstandenen Minusstunden hat im Personal gemäss den Informationen von «Medinside» zu Unmut und Protesten geführt. Davon sei dem Spital nichts bekannt, sagt Sprecherin Panzer. Man habe sich mit einem abgelehnten Gesuch um Kurzarbeit und COVID-19-bedingten reduzierten Leistungsangeboten konfrontiert gesehen. Diese Problematik stellt sich allen anderen Spitälern gleichermassen. 
Nachfrage von «Medinside» bei der Präsidentin der Personalkommission, Els Dockx. Diese sagt, die Minusstunden seien im Sommer entstanden. Weil nicht viel los ist, habe der Arbeitgeber angeordnet, weniger zu arbeiten. Das habe bei manchen zu vielen Minusstunden geführt. «Das sorgte für grossen Unmut, weil das Abarbeiten der Minusstunden gerade für Angestellte mit einem 100-Prozent-Pensum problematisch ist». Die PeKo habe dazu viele Anfragen erhalten - «wir haben die Spitalleitung darüber mehrfach informiert». Gestrichen hat der Arbeitgeber gemäss Dockx aber die Minusstunden, die zwischen dem Gesuch um und der Ablehnung der Kurzarbeit entstanden seien.

Auch in Deutschland Kritik an Ameos

Kritik an den Arbeitsbedingungen, Sozialpartner, die sich ob der Kommunikation von Ameos erstaunt zeigen: Dieses Muster ist nicht neu. Auch in Deutschland, wo Ameos knapp 50 Kliniken und Angebote betreibt, kam es zu Arbeitskämpfen – teilweise auch mit längeren Streiks.
Man habe davon vor dem Vertragsabschluss Kenntnis gehabt, sagt Markus Hauenstein, Präsident des Stiftungsrats Krankenhaus Maria zum finstern Wald auf Anfrage. Diese stellt gemäss Stiftungszweck den Spitalbetrieb in Einsiedeln sicher - und vermietet das Spital seit Kurzem an die Ameos-Gruppe, die das Spital nun betreibt. Man habe die Vorgänge in Deutschland mit Ameos «intensiv besprochen». Und weiter: «Auch an der Personalinformationen wurde dies offen thematisiert und durch den CEO der Ameos-Gruppe transparent erläutert.» Die Situation in Deutschland und der Schweiz könne zudem nicht verglichen werden.

Spitalstiftung war nicht informiert

Hauenstein sagt, er höre zum ersten Mal von den Vorgängen in Einsiedeln. Stellung nehmen will er nicht: «Personalentscheide sind in der Verantwortung der Ameos Spital Einsiedeln AG». Das Spital Einsiedeln sei zudem schon vor der Auslagerung des Betriebs in einer sehr schwierigen finanziellen Situation gewesen und man habe bereits damals «einschneidende personelle Massnahmen treffen müssen».
Auch in Deutschland ist die Spitalgruppe dafür bekannt, defizitäre Spitäler von privater Seite zu übernehmen und längerfristig weiterzutreiben. Für die Regionen ist das ein gutes Angebot, kann dadurch doch die Grundversorgung vor Ort gesichert werden. Doch es steht der Verdacht im Raum, dass das nicht zuletzt zulasten des Personals möglich ist. 

Wegen Unzufriedenheit gekündigt

PeKo-Präsidentin Dockx sagt, sie persönlich sei dennoch «optimistisch» für die Zukunft. Das sei aber nicht bei allen so gewesen. Es habe kritische Stimmen gegeben, die fanden, unter Ameos besitze das Personal keinen Stellenwert mehr. Diese hätten das Spital aber inzwischen verlassen.
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