Politiker wollen Ärzte-Einkommen deckeln

Was verdienen unsere Ärzte? Schwierig zu sagen. Politiker, Versicherer und das BAG wollen es nun herausfinden. Und danach womöglich Bremsen einbauen.

, 12. September 2016 um 08:00
image
  • gesundheitskosten
  • ärzte
  • politik
  • lohn
Während die Prämien Jahr für Jahr steigen, gibt es keine verlässliche Studie über das Einkommen der Ärzte in der Schweiz: Dies sei ein unhaltbarer Zustand, finden jetzt die Gesundheitsminister aus den Kantonen Genf und Waadt.
«Es ist nicht normal, dass es diese Informationen nicht gibt», erklärte der waadtländische Gesundheitsdirektor Pierre-Yves Maillard in «Le Matin Dimanche» (Paywall). Sein Genfer Amtskollege Mauro Poggia fügte hinzu: «Von uns wird verlangt, ein Flugzeug mit verbundenen Augen zu navigieren».

Neue Studien wollen den Blick freilegen

In der Tat geht die letzte Erhebung der Ärzteeinkommen auf das Jahr 2009 zurück. Damals betrug das durchschnittliche mittlere Jahreseinkommen aller Ärzte 190’500 Franken. Die FMH hatte die Studie damals beim Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien Bass in Auftrag gegeben.
Und genau diese Erhebung will das Bundesamt für Gesundheit (BAG) fortsetzen und verbessern. «Doch vor 2018 gibt es keine Daten», wird Kilian Künzi im Bericht zitiert, der zuständige Projektverantwortliche bei Bass. Gleichzeitig will auch der Kassenverband Santésuisse ein ähnlich gelagertes Projekt zu den Ärzteeinkommen starten, schreibt «Le Matin Dimanche».

«80 Prozent sind Saläre»

Klar ist: Saläre machen den Löwenanteil der Gesundheitskosten aus. «Von den 30 Milliarden Franken, welche die Versicherten über das Bundesgesetz über die Krankenversicherung zahlten, sind 80 Prozent Saläre», sagt der Freiburger SP-Nationalrat Jean-François Steiert der Zeitung; Steiert ist auch Vize-Präsident des Dachverbands Schweizerischer Patientenstellen
In der Diskussion um die Ärzteeinkommen ist auch die Kluft zwischen Spezialisten und Generalisten ein grosses Thema. Laut Oliver Peters, dem scheidenden BAG-Vize, gibt es bei diesen Kosten grosse (und grösser werdende) Unterschiede. Zwischen 2005 und 2015 betrug die Zunahme der Kosten bei den Generalisten knapp 30 Prozent – doch bei den Spezialisten fast 60 Prozent.

Antoine Hubert: «Gehälter sind verdient»

Für Santésuisse sind laut dem Bericht etwa Ophthalmologen und Radiologen zu gut bezahlt, während Allgemeinpraktiker zu wenig erhalten. Und etwa 1’000 von insgesamt 17’000 kontrollierten Ärzte betreiben laut dem Kassenverband einen Aufwand, der 30 Prozent über dem Durchschnitt der Fachkollegen liegt.
SP-Politiker Jean-François Steiert nimmt nun einen speziellen Aspekt aufs Korn: nämlich dass Ärzte rund 90 Prozent ihres Gehaltes aus den Grundversicherungen beziehen. Der Nationalrat will für die Arztsaläre jetzt eine Maximalgrenze festsetzen. Denn mehr als 500’000 Franken für ein aus der Grundversicherung bezahltes Salär seien «unanständig». Derweil seien 100’000 Franken für einen Arzt auf dem Land zu wenig. 
Zum Thema: «In 10 Punkten: So will die SP das Gesundheitswesen kurieren»
Ähnlich beurteilt das Steierts Parteikollege Pierre-Yves Maillard: Er will das ärztliche Einkommen in den Spitälern im Kanton Waadt auf 550’000 Franken begrenzen.
Antoine Hubert, der starke Mann in der Privatklinik-Gruppe Swiss Medical Network (SMN), verteidigt derweil die Löhne der Mediziner: «Spezialisten, die zwischen 500’000 und einer Million Franken oder mehr verdienen, erzielen ihr Einkommen mit Privatversicherten und reichen Ausländern». Das habe keinen Einfluss auf die Grundversicherung, so Hubert. Für ihn sind die aktuellen Arztgehälter verdient, wie er «Le Matin Dimanche» sagte. 
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Das verdienen die Ärzte an deutschen Universitäts-Spitälern

In Deutschland einigten sich Unikliniken und Mediziner auf eine Lohnerhöhung um 10 Prozent – sowie auf eine Senkung der Arbeitszeit auf 40 Stunden.

image

In der Schweiz sind 1100 Ärzte mehr tätig

Die Arztzahlen in der Schweiz haben ein neues Rekord-Niveau erreicht: Es gibt nun 41'100 Berufstätige.

image

Der Erfinder des Ledermann-Implantats ist tot

Er war ein bekannter Implantologe, später auch Hotelier und Schriftsteller. Nun ist Philippe Daniel Ledermann 80-jährig gestorben.

image

«Professionelle Dolmetschdienste sind übertrieben»

Der Nationalrat will nichts wissen von einer einheitlichen Vergütungspflicht für Dolmetscherdienste im Gesundheitsbereich. Auch dank Digitalisierung und KI sei dies nicht nötig.

image

Pflegeheim: Welcher Wohnsitz gilt?

Der Nationalrat will, dass Bewohner eines Pflegeheims beim Heimeintritt wählen können, ob sie den Steuersitz verlegen oder den alten behalten können.

image

«Die Tarifpartnerschaft ist nicht ebenbürtig»

Der umstrittene Tarifeingriff in der Physiobranche ist noch nicht in Kraft. Lange will die Gesundheitsministerin aber nicht mehr warten.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.