Pille mit Chip

So kontrolliert der Arzt künftig den Patienten: Ein in die Tablette integrierter Sensor übermittelt ihm Daten über die Einnahme und Wirkung der Medizin. Nun steht die erste digitale Medizin vor der Zulassung.

, 8. Dezember 2015 um 08:07
image
  • e-health
  • proteus
  • medikamente
  • trends
  • fda
Es handelt sich um das Psychopharmaka Abilify, das schon lange auf dem Markt ist, nun aber in revolutionärer Form neu lanciert werden soll. Und zwar mit einem Chip in der Grösse eines Quadratmillimeters, der in die Tablette integriert wird.  
Diese erste digitale Medizin ist ein Gemeinschaftswerk der japanischen Pharmafirma Otsuka Pharmaceutical und der US-Firma Proteus Digital Health. Das Dossier liegt derzeit bei der US-Zulassungsbehörde Food and Drug Administration (FDA).

Signal der Einnahme geht direkt zum Arzt

Zum High-Tech-Medikament gehört ein Patch, das sich der Patient auf den Arm klebt. Sobald er die Pille eingenommen hat, sendet der Chip ein Signal zuerst zum Patch und dann zum Arzt. Der erhält damit die Gewissheit, dass sein Patient das Medikament auch wirklich eingenommen hat. Der Chip wird mit der Verdauung ausgeschieden.
Aber nicht nur die Einnahme wird registriert, sondern auch die Wirkung auf die Körperfunktionen wie Herzfrequenz oder Temperatur. Der Patient kann die Daten über eine App verfolgen, der Arzt über ein sicheres Internetportal. Falls er merkt, dass die Medizin nicht wie verschrieben eingenommen wird oder nicht wie gewünscht wirkt, kann er eingreifen. 

Viele Medikamente werden gar nicht eingenommen

Laut Schätzungen nehmen zwischen 20 und 50 Prozent der Patienten die ihnen verschriebenen Arzneien gar nicht ein. Und von den restlichen die Hälfte nicht wie vorgeschrieben. Viele Patienten stoppen die Einnahme, wenn die Symptome verschwinden. Andere, besonders chronisch Kranke, vergessen es einfach mit der Zeit.
«Wir sind überzeugt, dass wir mit dem Chip die Verabreichung revolutionieren können. Sie ist ein Bedürfnis besonders bei Patienten mit mentalen Störungen wie Schizophrenie oder bipolaren Störungen, bei denen Abilify eingesetzt wird», sagt Proteus-Chef Andrew Thompson.

Eingriff in die Privatsphäre

Das neue Produkt ruft auch die Ethiker auf den Plan. Kritisiert wird die übermässige Überwachung von Patienten und der Eingriff in deren Privatsphäre. Art Caplan von der Division Medical Ethics der New York University Langone Medical Center wirft dazu auf den US-Branchenportal Medscape einige Fragen auf. 
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Sichere Medikation bei Kindern

Das Startup Pedeus sorgt dafür, dass die Medikamentendosierung bei Kindern sicherer wird. Dafür wurde es mit dem Viktor 2022 in der Kategorie «Newcomer des Jahres» ausgezeichnet.

image

Elektronisches Patientendossier: Akzeptanz ist auf Tiefststand

Kosten, Probleme, kaum Nutzen. Der Ärger über das EPD nimmt stetig zu. Nur noch jeder fünfte IT-Leiter im Spital findet es gut – einst waren es 70 Prozent.

image

Zwei Unternehmen erhalten Geld für Covid-19-Medikamente

Der Bund will zwei Schweizer Pharmaentwickler-Firmen mit Millionen unterstützen, sofern das Covid-19-Gesetz im Juni angenommen wird.

image

Bei Engpässen dürfen Apotheken benötigte Wirkstoffe nun über die OKP verrechnen

Das EDI will den Zugang zu bestimmten lebenswichtigen Medikamenten verbessern und erleichtert nun die Vergütung von den in Apotheken hergestellten Arzneimitteln.

image

Chemie- und Pharmafirmen behaupten sich als attraktive Arbeitgeber

Zum zweiten Mal veröffentlicht Linkedin eine Liste der «Top Companies 2023» in der Schweiz. Wer Karriere machen will, hat demnach in der Chemie- und Pharmabranche gute Chancen.

image

Forscher arbeiten an kürzeren Beipackzetteln

2500 Wörter, jedes zwanzigste noch dazu ein Fremdwort: Packungsbeilagen von Medikamenten sind oft eine Zumutung. Fachleute wollen das ändern.

Vom gleichen Autor

image

Pflege: Zu wenig Zeit für Patienten, zu viele Überstunden

Eine Umfrage des Pflegeberufsverbands SBK legt Schwachpunkte im Pflegealltag offen, die auch Risiken für die Patientensicherheit bergen.

image

Spital Frutigen: Personeller Aderlass in der Gynäkologie

Gleich zwei leitende Gynäkologen verlassen nach kurzer Zeit das Spital.

image

Spitalfinanzierung erhält gute Noten

Der Bundesrat zieht eine positive Bilanz der neuen Spitalfinanzierung. «Ein paar Schwachstellen» hat er dennoch ausgemacht.