Covid-Impfstoff: 1174 Nebenwirkungen gemeldet

604'000 Personen haben bis zum 4. April ihre zweite Impfung erhalten. In der Zeit wurden 1174 Nebenwirkungen registriert – knapp 400 davon waren schwerwiegend. 55 Personen verstarben. Ein Update.

, 12. April 2021 um 07:13
image
  • coronavirus
  • impfung
  • nebenwirkungen
  • bundesamt für gesundheit
Rund 1,6 Millionen Impfdosen wurden bis zum Sonntag, 4. April, in der Schweiz verabreicht, teilt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) mit. Damit sollen etwa 604’000 Personen vollständig geimpft sein. In Zusammenarbeit mit den regionalen Pharmacovigilance-Zentren hat Swissmedic bis zum 6. April 1174 Meldungen über vermutete unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) durch Covid-19 Impfungen ausgewertet.

Frauen machen den Hauptteil aus

Von den insgesamt 1174 Verdachtsmeldungen unerwünschter Wirkungen betreffen 577 Meldungen den Covid-19-Impfstoff von Pfizer/Biontech Comirnaty und 580 denjenigen von Moderna. In 17 Fällen wurde der Impfstoff nicht spezifiziert. Die Mehrzahl der Meldungen erfolgten durch medizinische Fachpersonen. Lediglich 92 Meldungen, oder 7,8 Prozent, kamen direkt von Patientinnen oder Patienten. Mit knapp 70 Prozent leiden Frauen am meisten unter Nebenwirkungen. Lediglich 28,3 Prozent Männer wurden registriert; 3,2 Prozent gaben ihr Geschlecht nicht an.
Die Betroffenen waren im Durchschnitt 64,9 Jahre alt (Spanne 16–101), wobei 41,7 Prozent 75 Jahre oder älter waren. In den als schwerwiegend eingestuften Fällen (n = 396) lag das mittlere Alter bei 69,3 Jahren und bei Meldungen in zeitlichem Zusammenhang mit einem Todesfall (n=55) bei 83,7 Jahren.

396 schwerwiegende Fälle

Mit 778 (66,3 %) war der grössere Teil der Meldungen nicht schwerwiegend, 396 Meldungen (33,7 %) wurden als schwerwiegend eingestuft, schreibt das BAG. In diesen Fällen seien die Personen entweder im Krankenhaus behandelt oder die Reaktionen wurden aus anderen Gründen als medizinisch bedeutsam eingestuft worden. «In den meisten Fällen waren die Betroffenen aber nicht gefährdet», verdeutlicht das BAG.
Die meisten Patientinnen und Patienten hätten mehr als eine Reaktion auf den Covid-19-Impfstoff gehabt. «2960 sind aufgelistet – das macht 2,5 Reaktionen pro Meldung», rechnet das BAG.

Fieber und Luftnot

Die häufigsten als schwerwiegend eingestuften gemeldeten Reaktionen waren Fieber (56), Luftnot (31), Kopfschmerzen/Migräne (28), Herpes Zoster Reaktivierung (26), Überempfindlichkeit (22) / anaphylaktische Reaktionen (12), Erbrechen (20), Ermüdung (19), Blutdruckerhöhung (19), Infektion mit Covid-19-Erkrankung (17)1), und Schwindel (18).
Wie das BAG erklärt, werden Reaktionen wie Fieber oder Kopfschmerzen sowohl in Fällen berichtet, die insgesamt als schwerwiegend eingestuft werden als auch in nicht-schwerwiegenden Fällen, weil eine Meldung in den meisten Fällen mehr als eine Reaktion enthält .
Herpes Zoster bei 72-Jährigen
Weiter wurden 44 Fälle von Herpes Zoster gemeldet, von denen 26 als schwerwiegend eingestuft wurden, die meisten davon aus medizinischen Gründen. Herpes Zoster wird durch eine Reaktivierung von Varicella-Zoster-Viren (VZV) verursacht. Die primäre Infektion mit VZV führt zur Windpockenerkrankung. Risikofaktoren für einen Herpes Zoster sind unter anderem immunsuppressive Behandlungen, Diabetes mellitus, weibliches Geschlecht, psychologischer Stress oder mechanische Verletzungen.
Die Inzidenz von HZ steigt mit dem Lebensalter von drei pro 1000 bei 40 bis 50-Jährigen auf zehn pro 1000 bei den über 80-Jährigen. Die Betroffenen in den gemeldeten Fällen waren im Mittel 72 Jahre alt und der Zoster trat zwischen ein und 43 Tagen nach der Impfung auf. Derzeit wird weiter untersucht, ob ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Impfungen und dem Auftreten von Herpes Zoster besteht.

Moderna versus Pfizer/Biontech

Beim Covid-19 Impfstoff von Moderna machen Berichte über Lokalreaktionen an der Injektionsstelle, einschliesslich verzögert auftretenden, einen deutlich grösseren Teil der Meldungen aus als bei Comirnaty, zu dem eher Allgemeinreaktionen gemeldet werden. «Hier könnte es sich jedoch zum Teil um «stimulierte Meldungen» handeln, aufgrund von unseren Informationen vom 19 Februar zu verzögerten Lokalreaktionen, die häufiger nach dem Moderna Impfstoff beobachtet wurden», ist dem Communniqué zu entnehmen.

55 Todesfälle registriert

55 Personen sind in unterschiedlichem zeitlichen Abstand zur Impfung gestorben. Die Verstorbenen waren im Durchschnitt 84 Jahre alt und hatten mehrheitlich schwere Vorerkrankungen. Diese Fälle seien besonders sorgfältig analysiert worden, schreibt das BAG. «Nach jetzigem Kenntnisstand führten unabhängig von den Impfungen auftretende Erkrankungen wie etwa Infektionen, kardiovaskuläre Ereignisse oder Erkrankungen der Lungen und Atemwege zum Tod.»
Trotz einer zeitlichen Assoziation gebe es in keinem Fall konkrete Hinweise, dass die Impfung die Ursache für den Todesfall gewesen sei, ist dem Communiqué zu entnehmen. Die Arzneimittelbehörden anderer Länder sowie die WHO würden zu ähnlichen Ergebnissen bei der Bewertung von Todesfällen in zeitlichem Zusammenhang mit den in der Schweiz zugelassenen Covid-19 Impfstoffen kommen.

Das BAG erläutert

Die bisher eingegangenen und analysierten Meldungen über unerwünschte Wirkungen würden ändern nichts am positiven Nutzen-Risiko-Profil der in der Schweiz verwendeten Covid-19 Impfstoffe ändern. Und: Es sei nicht möglich, die Meldungen direkt mit den verabreichten Impfungen zu vergleichen. Der Grund: Meldungen zu unerwünschten Wirkungen würden oft erst mit Verzögerung bei Swissmedic eingereicht werden. Zudem brauche die sorgfältige Auswertung der Meldungen Zeit. Retrospektiv zeige sich jedoch eine ungefähre Melderate von einer Meldung pro 1000 verimpften Dosen.
Weiter macht das BAG darauf aufmerksam, dass es sich bei diesen Meldungen um Covid-19 Erkrankungen handelt, die in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung aufgetreten sind. «Da die geimpften Personen vor der Impfung nicht getestet werden und der Schutz vor einer Erkrankung vom Körper zuerst aufgebaut werden muss, kann es vorkommen, dass in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung eine Covid-19 Erkrankung auftritt.»
Diese habe jedoch kausal nichts mit der Impfung zu tun. Covid-19 Impfstoffe würden anders als Lebendimpfstoffe (zum Beispiel gegen Masern-Mumps-Röteln (MMR)) keine (abgeschwächten) Viren enthalten und seinen daher nicht in der Lage, eine Covid-19 Erkrankung auszulösen.

Lesen Sie auf Medinside weiter zum Thema:

Covid-Impfstoff: Gravierende Nebenwirkungen gemeldet
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Massiv weniger Frühgeburten während Corona

Deutsche Daten zeigen verblüffende Abweichungen während der Lockdowns. Das könnte wichtige Einsichten für Neonatologie und den Umgang mit Risikoschwangerschaften eröffnen.

image

Zu Besuch bei Viktor-Gewinnerin Chantal Britt

Seit vier Jahren leidet die Präsidentin von Long-Covid-Schweiz unter postviralen Beschwerden. Was sie am meisten stört: Dass die Krankheit nicht ernsthaft erforscht wird.

image

«Hört auf mit dem Begriff ‚Long Covid‘»

Natürlich gibt es das Syndrom. Aber laut einer neuen Studie unterscheidet es sich nicht von anderen postviralen Leiden.

image
Gastbeitrag von Andri Silberschmidt

Digitalisierung: Jetzt können wir die PS auf den Boden bringen

Wenn es um Digitalisierung geht, wird zuviel über Fax und EPD diskutiert – und zu wenig über Prozesse. Höchste Zeit, das zu ändern.

image

Die Menschen fühlen sich so gesund wie vor Corona

Die Covid-Turbulenzen konnten der gesundheitlichen Selbstsicherheit von Herrn und Frau Schweizer wenig anhaben: Dies besagen neue Daten.

image

Arzneimittelpreise: Einheitlicher Vertriebsanteil ab 2024

Um die Abgabe von preisgünstigeren Arzneimitteln zu fördern, wird neu der Vertriebsanteil angepasst.

Vom gleichen Autor

image

Kinderspital verschärft seinen Ton in Sachen Rad-WM

Das Kinderspital ist grundsätzlich verhandlungsbereit. Gibt es keine Änderungen will der Stiftungsratspräsident den Rekurs weiterziehen. Damit droht der Rad-WM das Aus.

image

Das WEF rechnet mit Umwälzungen in einem Viertel aller Jobs

Innerhalb von fünf Jahren sollen 69 Millionen neue Jobs in den Bereichen Gesundheit, Medien oder Bildung entstehen – aber 83 Millionen sollen verschwinden.

image

Das Kantonsspital Obwalden soll eine Tochter der Luks Gruppe werden

Das Kantonsspital Obwalden und die Luks Gruppe streben einen Spitalverbund an. Mit einer Absichtserklärung wurden die Rahmenbedingungen für eine künftige Verbundlösung geschaffen.