Chirurgie: Wer grob ist, ist wohl auch gefährlicher

Es gibt offenbar einen Zusammenhang von Patienten-Beschwerden und medizinischen Komplikationen.

, 24. Februar 2017 um 07:12
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Es ist zuerst einmal bloss eine Parallele: Wenn – dann. Wenn ein Chirurg überdurchschnittlich viele Beanstandungen von Patienten beziehungsweise Angehörigen eingefahren hat, dann kommt es auch häufiger vor, dass seine Patienten nachoperative Komplikationen haben.
Zu diesem Schluss kommt eine grosse Kohortenstudie, die mit den Daten von 32'100 Eingriffen beziehungsweise an sieben amerikanischen Universitätsspitälern durchgeführt wurde.
Ein Ärzteteam der Vanderbilt University Medical Center überprüfte bei jenen 32'100 Eingriffen jeweils, ob es danach zu Komplikationen kam. Zugleich checkte es die Beanstandungen, die in den 24 Monaten vor der Operation allenfalls gegen den Chirurgen eingereicht worden waren.


Die erfassten unsolicited patient observations konnten formelle Beschwerden umfassen, aber auch Telefonanrufe von Patienten und Angehörigen, die kleinere Beanstandungen beziehungsweise Kritikpunkte enthielten. Rund 800 Chirurgen wurden dabei von der Studie erfasst.
Heraus kam, dass die adjusted Komlikationsrate bei den öfter kritisierten Chirurgen signifikant höher war. Konkret: Bei Patienten, gegen deren Chirurgen in den Vorjahren 14 oder mehr Beschwerden eingereicht worden waren, hatten eine um 13,9 Prozent höhere Komplikationsrate als jene Patienten, deren Arzt am anderen Ende war und keine oder fast keine Patientenkritik «gefasst» hatte.

Hat es mit dem Teamwork zu tun?

Dafür kann es natürlich diverse Gründe haben, und die Autoren bleiben denn auch sehr vorsichtig in er Deutung. Ihr Hauptfazit lautet, dass man unterm Gesichtspunkt der Patientensicherheit auch auf die Fähigkeit der Ärzte achten sollte, «respektvoll und effizient mit Patienten und anderen medizinischen Fachleuten zu kommunizieren». 
Tatsächlich vermutetete Studienleiter William O. Cooper von der Vanderbilt University gegenüber dem TV-Network CBS, dass sich in den Patientenbeschwerden etwas ausdrücken könnte, was auf der Teamebene seinen Einfluss hat: Ärzte, die auf Patienten eher provokativ wirken, tun dies auch gegenüber den Teams im OP. Dies wiederum könnte auf vielerlei Weise zu Ablenkungen, schlechter Arbeitsmoral und Kommunikationsproblemen führen. Und am Ende hätten es solche Ärzte ja wohl auch schwerer, Top-Kollegen zur Zusammenarbeit zu finden.
Die Patienten-Beschwerden wären dabei also quasi der Kanarienvogel in der Kohlengrube: Ein Frühhinweis auf ein tieferliegendes Problem. Ein Problem, das sich auch in der Zusammenarbeit und in den Abläufen auswirkt.


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