Dass die Pflege nicht den Zuspruch geniesst, den sie verdient hätte, mag ein offenes Geheimnis sein. Erstaunlich am gestrigen Schwerpunkt-Beitrag auf
«RTS Info» war eher, dass teilweise doch recht miserable Bedingungen geschildert wurden.
So kamen zwei Frauen zu Wort, die beide ihrem Beruf den Rücken gekehrt hatten, und sie berichteten doch von einem Mangel an Möglichkeiten, auch an Respekt. Wobei eine der ehemaligen Pflegefachfrauen – anonym – auch vor einer Missachtung der Patienten durch die Ärzte sprach. Dies habe sie nicht mehr ausgehalten.
Interessant auf der anderen Seite die Feststellung der Pflege-Direktorin des Hôpital du Jura: Ja, es gebe Stress und Überbeanspruchung – doch in der Regel sei dies mit Reorganisationen und Umbauten verbunden. Das jurassische Kantonsspital hat mit diversen Schritten auf die hohe Aussteiger-Rate im Beruf reagiert, uter anderem durch Abschaffung der 12-Stunden-Schichten.
Tabus und Politik
Warum erhält eine so hoch angesehene Berufsgruppe eher wenig reale Anerkennung?
Im anschliessenden Studiogespräch nannte Autorin Chloé Steulet zwei wichtige Faktoren. Zum einen gebe es auch gewisse Tabus, insbesondere in der Ausbildung. Themen wie Überlastung oder Burnout-Gefahren würden im Beruf selber nur wenig thematisiert. Und auf der anderen Seite fehle es dem Beruf auch an Vertretern, Stimmen und Druck in der Politik, insbesondere unter der Kuppel des Bundeshaus.
Erwähnt sei, dass
hier auch eine französische Debatte hineinspielt und quasi über die Grenze schwappt: Im Nachbarland Frankreich ist die Überbelastung innerhalb des staatlichen Gesundheitssystems derzeit ein recht intensiv diskutiertes Thema. Im Gefolge von spektakulären Mobbing-Fällen und dem Selbstmord eines Arztes wurde sich die Öffentlichkeit bewusst, dass wegen des Personalmangels ein kritischer Punkt erreicht sein könnte in den Spitälern, Heimen und Praxen (siehe etwa hier).