AGZ: Der Lohn der Praxisärzte sinkt seit Jahren

In der Tarmed-Diskussion legt die Zürcher Ärztegesellschaft nun weitere Einkommensdaten vor. Sie fürchtet, dass die selbstständigen Ärzte durch den geplanten Eingriff rund 4 Prozent ihres Lohnes verlieren.

, 29. Juni 2017 um 14:24
image
  • tarmed
  • praxis
  • zürich
  • lohn
Die Zürcher Ärztegesellschaft AGZ hat errechnet, dass ein durchschnittlicher Facharzt mit einer 100prozentigen Tarmed-Tätigkeit nur noch ein Einkommen erwirtschaftet, das einem Bruttolohn von circa 138’600 Franken entspricht. In einem Brief an Gesundheitsminister Alain Berset stellt Verbandspräsident Josef Widler diese Zahl ins Verhältnis zum Referenz-Bruttolohn, der bei Einführung des Tarmed festgelegt wurde: Er lag damals bei 175‘700 Franken.
Das heisst: Im Schnitt mussten die Ärzte im Kanton Zürich seit 2004 Einbussen von 21 Prozent hinnehmen.
Und nun, mit dem geplanten Tarifeingriff des Bundesrates, müssten die Praxisärzte nochmals einen Rückschlag von 4 Prozent gewärtigen. «Wir hoffen, dass wir unsere Forderung, den Tarifeingriff zurückzunehmen, mit diesen Ausführungen weiter untermauern können», so das Fazit der Zürcher Ärztevertreter. 

Die Rechnung geht so

Die Rechnung von Josef Widler basiert auf den Zahlen des Jahres 2015 und geht so: Bei einem 100prozentigen Tarmed-Pensum lag der durchschnittliche Ertrag der Zürcher Ärzte in jenem Jahr bei 364‘800 Franken. Dem stand ein durchschnittlicher Praxisaufwand von 197‘800 Franken gegenüber.
Damit betrug das Praxisergebnis im Schnitt 167‘000 Franken. Aus dieser Summe bezog der niedergelassene Durchschnitts-Arzt sein Einkommen, musste aber noch die Arbeitgeberbeiträge abführen – also rund 17 Prozent. Dies führt zur genannten Summe von knapp 139'000 Franken.

Einkommen ohne Zusatzeinkommen

Die Zahl wirkt auf den ersten Blick verblüffend tief. Alain Berset selber hielt vorletzte Woche im Parlament fest, das das von den Tarifpartnern für den Tarmed hinterlegte Referenzeinkommen bei 207'000 Franken liege. Und laut einer FMH-Umfrage von 2009 erreichte das AHV-pflichtige Einkommen aus freier Praxistätigkeit im Schnitt 235'000 Franken (Medianwert); bei den Allgemeinpraktikern lag der Wert bei 197'500 Franken.
Was stimmt nun? Der grosse Graben erklärt sich einerseits daraus, dass die AGZ-Zahlen eine virtuelle Währung darstellen – zu beachten ist dabei der Begriff «100prozentiges Tarmed-Pensum». Das heisst: Andere Einkünfte, insbesondere auch mit Privatpatienten, sind nicht erfasst. Kommt hinzu, dass die Abweichungen je nach Fachgebiet sehr stark sein können.

Simulation: 54 Millionen Franken weniger für die Ärzte im Kanton Zürich

Die FMH hat die Auswirkungen des geplanten Tarifeingriffs in Simulationen durchgerechnet. Danach würden die Ärzte im Kanton Zürich nächstes Jahr nach dem alten System 1'542 Millionen Taxpunkte abrechnen; mit dem neuen Tarmed-Paket wären es noch 1'481 Millionen Punkte.
Rechnet man das mit dem aktuellen Taxpunktwert von 0,89 Franken um, so ergeben sich neu 1,318 Milliarden Franken an Umsätzen – verglichen mit 1,387 Milliarden laut dem alten Paket.
Die Ärzte bekämen also 54 Millionen Franken weniger – die erwähnten 4 Prozent.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Brustkrebsscreening bald auch in Baselland

Während immer mehr Kantone Brustkrebsscreenings einführen, wird der Nutzen in Zürich hinterfragt.

image

In Bern steht die Selbstdispensation wieder zur Debatte

Der jahrelange Konflikt zwischen Apothekern und Ärzten könnte in eine neue Runde gehen: Eine kantonale Motion fordert, dass künftig alle Arztpraxen Medikamente verkaufen dürfen.

image

Zürcher Ärzte warnen: Notfall-Versorgung gefährdet

Die kantonale Ärztegesellschaft ruft die Versicherer auf, auf die Rückforderung von Notfall-Inkonvenienz-Pauschalen zu verzichten.

image

Behördenvorgaben: Ärzte beklagen überflüssigen Aufwand

Mehr Arbeitszeit für Dokumentation, weniger ärztliche Arbeitszeit bei den Patienten: Dieser Trend setzte sich auch im letzten Jahr fort.

image

Die Idee: Vollzeit-Ärzte erhalten 1000 Euro Prämie – pro Monat

In Niederösterreich will man Spitalärzte motivieren, ihr Pensum zu erhöhen. Denn bereits ein Drittel ist teilzeitbeschäftigt.

image

KSBL: Gewerkschaften erachten Lohnrunde als gescheitert

Damit verliere das Kantonsspital Baselland gegenüber anderen Spitälern an Boden. Bei der KSBL-Löhnen liegt nur etwa halb so viel drin wie beim Universitätsspital Basel

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.