Ärztestopp: Ist am Ende doch wieder alles anders?

Offenbar werden bereits zwei Parlaments-Initiativen aufgegleist, welche die beschlossene Liberalisierung bremsen sollen. Die Idee: ein weiteres Zulassungs-Moratorium für Spezialärzte – bis 2019.

, 5. Januar 2016 um 13:16
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Mehr und mehr zeichnet sich ab: Beim Zulassungsstopp ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Nach dem Nationalratsentscheid vom Dezember würde der so genannte Ärztestopp eigentlich abgeschafft – ab Mitte 2016 sollten also ausländische Ärzte mit Approbation im ganzen Land wieder frei eine Praxis eröffnen können.
Der überraschende und sehr knappe Entscheid weckte jedoch umgehend Widerstand. Wie die Zeitung «24 heures» nun erfuhr, werden in den Gesundheitskommissionen des Nationalrats wie des Ständerats nun neue Polit-Varianten geprüft, mit denen die Liberalisierung im Sommer noch abgewendet werden könnte. Im Kern der Pläne steht die Idee, das jetzige (und eben im Sommer auslaufende) Moratorium nochmals zu verlängern – bis 2019.

Kantone schimpfen, Parlament entscheidet

Treibende Kraft sind dabei die kantonalen Gesundheitsdirektoren, wobei die Vertreter der Grenzkantone Tessin und Genf, aber auch des Waadtlands besonders aktiv sind. Bereits im Dezember verkündete der Tessiner Gesundheitsdirektor Paolo Beltraminelli (CVP) im Fernsehen RTSI, die Kantone würden nun reagieren; er selber habe bereits den Waadtländer Amtskollegen Pierre-Yves Maillard (SP) deswegen kontaktiert.
Allein: Die Korrektur des vorweihnächtlichen Entscheids muss aus dem Parlament selber kommen. Und eine der Varianten ist eben eine Kommissionsinitiative, mit der nochmals eine Gesetzes-Anpassung aufgegleist werden könnte. Vor allem könnte auf diesem Wege recht rasch nochmals ein Kurswechsel eingeleitet und durchgesetzt werden.

Nochmals zwei oder drei Jahre zum Nachdenken

Gegenüber «24 heures» bestätigt SP-Gesundheitspolitiker Jean-François Steiert, dass die Möglichkeit einer Verlängerung des Moratoriums geprüft werden könnte: «Es ginge darum, dass wir uns zwei oder drei Jahre geben, um genügend Zeit zum Nachdenken zu haben.»
Konkret soll die Moratoriums-Idee bereits am kommenden Montag in der Gesundheits-Kommission des Ständerates aufgebracht werden. An jenem Tag steht eine Motion des SVP-Vertreters Jürg Stahl zur Debatte, welche eine Vertragsfreiheit für gewisse Regionen einführen will – nämlich für den Fall, dass bereits eine gewisse ärztliche Versorgungsdichte erreicht ist.

Lieber Moratorium als gar eine Regulierung?

Der Punkt dabei: Der Vorstoss des Groupe-Mutuel-Managers Stahl hat offenbar wenig Chancen, zumindest kurzfristig. Die Debatte darüber könnte aber in der Kommission als Vehikel dienen, um die Idee des Moratoriums nochmals auf- und einzubringen. «Einige Volksvertreter könnten versucht sein, sich zu sagen: Lieber eine Verlängerung des aktuellen Moratoriums als die Abschaffung jeglicher Regulierung», spekuliert Mauro Poggia (CVP), der Gesundheitsdirektor des Kantons Genf, in «24 heures».
Die Kernfrage bleibt allerdings, ob am Ende genügend Parlamentarier bereit sein werden, ihren eigenen Entscheid vom Dezember 2015 im Frühjahr 2016 wieder umzuwerfen. Solche Korrekturen sind erfahrungsgemäss schwierig – auf der anderen Seite war das Resultat mit 97:96 Stimmen bei einer Enthaltung extrem knapp. Und wie die «Aargauer Zeitung» im Bundeshaus erfuhr, sollen sich viele Parlamentarier nicht bewusst gewesen sein, was sie mit ihrem Nein bezüglich Gesundheitskosten bewirkten und was es für einzelne Kantone bedeutet.
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