Ärztelöhne: Mit 21-Stunden-Tagen zur Million

Ärzte, die via Tarmed abrechnen, verdienen im Millionenbereich – kann das sein? Das schon. Aber auf eigenartige Weise.

, 26. Februar 2018 um 05:00
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Das Westschweizer Radio und Fernsehen RTS wollte es genau wissen: Wie kann es sein, dass manche Mediziner alleine durch die Rückerstattung der Grundversicherung mehrere Millionen Franken verdienen? 
Resultat: Indem sie Zahlen in der Abrechnung noch oben beziehungsweise nach unten runden.
Doch von Anfang an: RTS präsentierte am Donnerstag Details aus vier verschiedenen Abrechnungen von Ärzten, die im Jahr 2016 mehr als einen Umsatz von 1,5 Millionen Franken generierten – wie 133 andere Schweizer Ärzte in eigener Praxis auch.

Immer ein bisschen aufrunden

Die Daten stammen von Santésuisse, und präsentiert wurden die Rechnungen eines Orthopäden, eines Gastroenterologen, eines Augenarztes und eines Radiologen. 
Ein erheblicher Faktor, der den Preis bestimmt, ist die Dauer eines Eingriffs: Anhand der aktuellen Tarmed-Liste errechnete das RTS, dass in diesen vier Fällen die Mediziner zwischen 15 und 21 Stunden pro Tag an 365 Tagen im Jahr gearbeitet haben müssten.
Wie kann dies sein? Indem beispielsweise eine sechsminütige Konsultation auf 10 Minuten aufgerundet wird, erklärt Santésuisse-Sprecher Christophe Kaempf auf RTS. Nur so käme ein Arzt auf die fast unmögliche Arbeitszeit von über 21 Stunden am Tag. 
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Vier Spezialisten unter der Lupe: 289 Tage entsprechen 6 Arbeitstagen pro Woche abzüglich 4 Wochen Urlaub pro Jahr. (Bild: RTSinfo/Santésuisse)
So rechnete der Gastroenterologe mehr als 2'000 Darmspiegelungen ab, was auch für Markus Trutman, den fmCH-Generalsekretär, «unglaublich» ist. Bei einer ordnungsgemässen Abrechnung sowie normaler medizinischer Tätigkeit sei es nicht möglich, ein Einkommen von mehr als einer Million Franken pro Jahr aus der Grundversicherung zu erzielen. 
Der neue Tarmed dürfte aber Änderungen bringen: Konnte der Arzt bisher 38 Minuten für eine Kolosopie abrechnen, kann er künftig nur noch 28 Minuten in Rechnung stellen. Dies hat auch Auswirkungen auf die Rentabilität. Führt ein Gastroenterologe 2018 wirklich wieder 2'000 Darmspiegelungen schaffen, werden seine Einnahmen von 845'000 auf 721'000 Franken sinken. 
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