«30% der Behandlungen sind unnötig oder gefährlich»

Gegen diesen Missstand kämpft «smarter medicine». Jetzt will der Verein mit einem eigenen Förderinstrument Studien lancieren, um das Problem zu untersuchen.

, 7. Oktober 2021 um 06:49
image
In der Schweiz sind gemäss Studien bis zu 30 Prozent aller medizinischen Behandlungen unnötig oder sogar gefährlich. Gegen diesen Misere kämpft «smarter medicine – Choosing Wisely Switzerland»:  Der Verein verfolgt den Grundsatz, dass eine Behandlung nur dann angewendet werden sollte, wenn sie tatsächlich zur Gesundheit und zum Wohle der Patientinnen und Patienten beiträgt. Durch die Förderung von Forschung zur optimalen Patientenbetreuung will der Trägerverein jetzt einen weiteren Beitrag zu einer hohen Behandlungsqualität in der Schweiz leisten.

Weniger ist mehr

Nach dem Motto «weniger ist manchmal mehr» engagiert sich der Verein seit vier Jahren für eine optimale Patientenversorgung. Dabei geht es vor allem um 

  • die Sensibilisierung für das Thema der medizinischen Über- und Fehlversorgung im schweizerischen Gesundheitswesen,
  • sowie die Befähigung der Bevölkerung, bei wichtigen Fragen zur Behandlung mitentscheiden zu können. 

«Sowohl in der Diagnose wie in der Therapie werden zu oft unnötige Mittel eingesetzt mit möglichen Schäden: unnötig bedeutet leider nicht harmlos», wird Professor Henri Bounameaux, Präsident der Schweizerischen Akademie für Medizinische Wissenschaften (SAMW) und Vize-Präsident von smarter medicine, in der Medienmitteilung zitiert.

Weitere Forschungsprojekte nötig

Mit einem interprofessionellen Ansatz sollen unnötige Untersuchungen und Eingriffen vermieten und die Behandlungsqualität verbessert werden. «Smarter medicine» veröffentlicht Listen von fünf unnötigen Behandlungen aus den verschiedenen medizinischen Fachgebieten oder Berufsfeldern – sogenannte «Top-5-Listen». 
Bisher sind 18 solcher Listen veröffentlicht worden. «Zehn weitere Top-5-Listen stehen kurz vor der Publikation oder sind aktuell in der Ausarbeitung», verrät Geschäftsführer Lars Clarfeld. «Forschungsprojekte, die positive Effekte von Massnahmen gegen die medizinische Über- und Fehlversorgung untersuchen, sind allerdings rar». In 2021 stehen für Forschungsprojekte bis zu 30‘000 Schweizer Franken zur Verfügung.
Gemeinsam im Einsatz für Patienten
Getragen wird der Verein durch die Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin (SGAIM), der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften(SAMW), dem Verband der Physiotherapeutinnen und -therapeuten physioswiss, dem Schweizerischen Verband der Berufsorganisationen im Gesundheitswesen (svbg) sowie Konsumenten- und Patientenorganisationen.
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

SAMW: Diese KSBL-Ärztin ist ein Vorbild

Magdalena Filipowicz Sinnreich gewinnt den diesjährigen Stern-Gattiker-Preis.

image

Ostschweizer Kispi und HSG: Gemeinsames Diabetes-Forschungsprojekt

Untersucht wird, wie sich Blutzuckerschwankungen auf die Nervengesundheit bei Kindern mit Diabetes Typ 1 auswirken - und welche Rolle Lebensstilfaktoren spielen.

image

Orthopädie: Von diesen fünf Behandlungen wird abgeraten

Die Gesellschaft für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie hat ihre Liste der unnötigen Abklärungen und Therapien veröffentlicht.

image

Das «Time Magazine» ehrt noch einen Schweizer

Fidel Strub verlor seine rechte Gesichtshälfte an die Tropenkrankheit Noma. Seit Jahren kämpft er für deren Erforschung.

image
Gastbeitrag von Marco Gugolz

Zusatzversicherte: Die Mär von der Goldmine

Preisüberwacher Stefan Meierhans macht Stimmung gegen Zusatzversicherungen. Doch die offiziellen Zahlen des Bundes zeigen, dass sein Vorwurf einer Überversorgung nicht stimmt.

image

«Hört auf mit dem Begriff ‚Long Covid‘»

Natürlich gibt es das Syndrom. Aber laut einer neuen Studie unterscheidet es sich nicht von anderen postviralen Leiden.

Vom gleichen Autor

image

Kinderspital verschärft seinen Ton in Sachen Rad-WM

Das Kinderspital ist grundsätzlich verhandlungsbereit. Gibt es keine Änderungen will der Stiftungsratspräsident den Rekurs weiterziehen. Damit droht der Rad-WM das Aus.

image

Das WEF rechnet mit Umwälzungen in einem Viertel aller Jobs

Innerhalb von fünf Jahren sollen 69 Millionen neue Jobs in den Bereichen Gesundheit, Medien oder Bildung entstehen – aber 83 Millionen sollen verschwinden.

image

Das Kantonsspital Obwalden soll eine Tochter der Luks Gruppe werden

Das Kantonsspital Obwalden und die Luks Gruppe streben einen Spitalverbund an. Mit einer Absichtserklärung wurden die Rahmenbedingungen für eine künftige Verbundlösung geschaffen.