Pflege bei Arbeitsausfällen an der Spitze

In Deutschland nimmt der Pflegeberuf einen unrühmlichen ersten Platz ein – nämlich bei den Krankheitstagen.

, 29. Februar 2024 um 06:43
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Der Pflegeberuf stresst - Frauen noch mehr als Männer. | Freepik
Pflegefachkräfte im Rheinland und in Hamburg haben eine hohe Ausfallquote – die höchste unter allen Branchen. Durchschnittlich 9,55 Prozent der Zeit waren Angestellte in der Pflege im vergangenen Jahr krank. Das entspricht knapp 35 Tagen. Das zeigt die jährliche Statistik der Gesundheitskasse AOK Rheinland/Hamburg.
Dass die Krankheits-Quote in der Pflege fast zehn Prozent beträgt, besorgt die AOK. «Die Beschäftigten in der Pflege sind in ihrem Arbeitsalltag immer stärkeren psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt», sagte Sabine Deutscher, Vorstandsmitglied der AOK Rheinland/Hamburg, gemäss einer Mitteilung.
Das müsse berücksichtigt werden, wenn es darum gehe, Pflegeberufe attraktiver zu machen. «Neben guten Arbeitsbedingungen, einer angemessenen Entlohnung, fairen Dienstplänen und einem positiven Betriebsklima sollte auch an professionelle Unterstützung für den Umgang mit belastenden Situationen und traumatischen Erlebnissen gedacht werden», findet Sabine Deutscher.

Mehr Infektionen

Unter den Ursachen für den Anstieg der Krankmeldungen stechen besonders die Infektionen sowie psychische Erkrankungen hervor – mit Zuwachsraten von 14 beziehungsweise 13 Prozent.
Was an den Zahlen auch noch auffällt: Die Arbeitnehmer haben sich 2023 signifikant häufiger krankgemeldet, waren aber pro Erkrankungsfall jeweils etwas kürzer krankgeschrieben als ein Jahr zuvor.
Nur etwa halb so viele krankheitsbedingte Ausfälle wie in der Pflegebranche gibt es im Banken- und Versicherungssektor (5 Prozent), im Gastgewerbe (4,7 Prozent), bei sonstigen Dienstleistungen (4,7 Prozent) und in der Informations- und Kommunikationsbranche (4,3 Prozent).

Mehr Stress und häufiger Burnout

Frauen in Gesundheitsberufen leiden stärker unter Stress und Burnout-Symptomen als Männer in dieser Branche. Das zeigt eine Untersuchung der George Washington University School of Medicine and Health Sciences.
Analysiert wurden 71 Studien aus 26 Ländern mit Frauen, die im Gesundheitswesen tätig sind, darunter Krankenschwestern, Ärztinnen, klinische Sozialarbeiterinnen und psychosoziale Dienstleisterinnen.
Schuld am höheren Stresslevel der Frauen sind unter anderem die schlechte Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie ein Mangel an Autonomie am Arbeitsplatz. Auch eine ungleiche Behandlung führt bei weiblichem Gesundheitspersonal zu zusätzlichem Stress und Burnout. Häufig würden Frauen im weissen Kittel für Krankenschwestern gehalten, auch wenn sie die diensthabende Ärztin sind.
Die Studie zeigt, dass erholsamer Schlaf, körperliche Aktivität, eine gesunde Ernährung – reich an Pflanzen und frischen Lebensmitteln – sowie andere gesundheitsfördernde Gewohnheiten helfen können, den beruflichen Stress zu verringern.
  • Viktoriya Karakcheyeva, Haneefa Willis-Johnson, Leigh A. Frame: «The Well-Being of Women in Healthcare Professions: A Comprehensive Review», in: «Integrative Medicine & Health», Februar 2024.
  • doi.org/10.1177/27536130241232929

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