Personalnot: «Das Wunder wird nicht kommen»

Die Lage bei Allgemein- und Intensivpflege sowie bei der Krankenhaus-IT ist dramatisch – das besagt eine Erhebung in Deutschland. Und nun? Nun verschärft sich die Lage noch.

, 18. Januar 2024 um 00:33
image
Intensivpflege und IT: Zwei besonders heikle Felder  |  Bild: Irwan on Unsplash
«Immer noch hat man das Gefühl, die deutsche Gesundheitspolitik und auch Teile der Betroffenen warten auf ein Wunder. Dieses Wunder wird jedoch nicht kommen»: Mit diesen Worten leitet der Wirtschaftsprüfer und BDO-Unternehmensberater Volker Penter einen neuen Bericht über die Personalsituation in den deutschen Spitälern ein. «Die Krankenhäuser müssen jetzt handeln.»
Denn der Bericht stellt klar: Der Fachkräftemangel in der Pflege bleibt die grösste Herausforderung in der stationären Krankenhausversorgung. Und: Es wird nicht besser, sondern eher ärger.

Rasche Verschärfung

Derzeit kann fast jedes Krankenhaus in Deutschland offene Stellen auf den Allgemeinstationen nicht besetzen: Die Quote liegt bei 94 Prozent. Auf drei Vierteln der Intensivstationen sind Stellen in der Intensivpflege vakant. In zwei Dritteln der Krankenhäuser mit Pädiatrie bleiben Stellen in der Kinderkrankenpflege unbesetzt.
Und insgesamt: In den von Stellenbesetzungsproblemen betroffenen Krankenhäusern sind 8 Prozent der Vollstellen auf den Allgemeinstationen und jeweils 12 Prozent der Positionen in der Intensivpflege und Kinderkrankenpflege unbesetzt.
  • BDO und Deutsches Krankenhaus Institut: «Personalnotstand im Krankenhaus – Quo vadis?», BDO/DKI-Studie 2023, Januar 2024.
Die Beratungsfirma BDO hat dies gemeinsam mit dem Deutschen Krankenhaus Institut eruiert. Dabei wurde des Management von Allgemeinspitälern ab 50 Betten angegangen und befragt.
Bemerkenswert auch, wie schnell sich die Lage verschärft hat: Im Jahr 2016 hatte jede zweite Klinik Stellenbesetzungsprobleme in der Pflege auf Allgemeinstationen und in der Intensivpflege.

«Erschöpfung»

«Für die nahe Zukunft der Stellensituation sehen die Krankenhäuser schwarz», kommentiert der Bericht. Drei Viertel der Häuser erwarten eine weitere Verschlechterung der Stellensituation in der Intensivpflege; und fast neun von zehn Spitalschefs prognostizieren eine Verschärfung der Lage in der Pflege auf den Allgemeinstationen.
Die Gründe sind dieselben wie hierzulande: Zu wenig (geeignete) Bewerber; allgemeine Erschöpfung des Pflegepersonals durch Überlastung; Zunahme der Teilzeitarbeit; und die Tatsache, dass viele Pflegende vor der Pensionierung stehen.
image
Ursachen für Besetzungsprobleme in der Spital-IT | Quelle/Grafik: BDO-KI-Krankenhaus-Umfrage in Deutschland
Arger Fachkräftemangel herrscht schliesslich auch in der Krankenhaus-IT: Hier melden rund drei Viertel der Krankenhäuser, dass sie Probleme mit der Stellenbesetzung haben. Im Mittel können dort 14 Prozent der IT-FTE nicht besetzt werden.
Hier kommt ein weiterer Faktor hinzu – Spitäler sind bei den Salären nicht so konkurrenzfähig.
  • IT
  • pflege
  • Fachkräftemangel
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

KSSG: Es rumort weiter in der Pflege

Erneut gehen Pflegefachleute an die Öffentlichkeit und berichten von Abgängen. Das Kantonsspital St. Gallen relativiert.

image

Timing und Treffgenauigkeit: Die Kunst der Informationsvermittlung

In einer Zeit, in der die Effizienz und Qualität im Gesundheitswesen mehr denn je von entscheidender Bedeutung sind, kommt der reibungslosen Kommunikation zwischen den verschiedenen Akteuren eine zentrale Rolle zu.

image

Pflegeinitiative: Ausbildungsbeiträge ja – aber…

In St. Gallen sollen die Pflegefachleute unter Umständen ihre Unterstützungsgelder wieder zurückzahlen. Und in der Zentralschweiz prüfen die Kantone eine Ausbildungspflicht für Notfall- und Intensivpflege.

image
Gastbeitrag von Stephan Rotthaus

Personal: Die Eigernordwand kommt erst noch

Die Spitäler und Heime stehen vor einer gewaltigen Aufgabe: In der Personaldecke klaffen erste Löcher – und jetzt verstärken sich die Probleme gegenseitig. Was es da braucht, ist Total Recruiting.

image

4-Tage-Woche: Das verraten die ersten Pilotversuche

Erstaunlich: In den Spitälern kommt das Arbeitszeit-Modell teils sehr gut an – und teils nicht so gut.

image

Personalnot zwingt Luzerner Gruppenpraxis zur Schliessung

Die Hausarzt-Kette Sanacare findet kein Personal. Ab morgen ist deshalb für eine Praxis Schluss.

Vom gleichen Autor

image

Studie: Unser Gesundheitswesen ist eine CO2-Schleuder

Der Gesundheitssektor verursacht fast 7 Prozent der Schweizer Treibhausgas-Emissionen. Im internationalen Vergleich steht die hiesige Branche nicht allzu sauber da.

image

FDA bewilligt weiteres Alzheimer-Medikament

Kisunla brachte bei Patienten im Frühstadium offenbar signifikante Verbesserungen. In den USA wird die Behandlung rund 30'000 Franken pro Jahr kosten.

image

Psychiatrie-Zentrum Engadin / Südbünden zieht ins Spital Samedan

Die heutigen PDGR-Standorte in Samedan und St. Moritz werden aufgelöst.