Neue Konkurrenz für die Spitex

Ein weiteres privates Unternehmen vermittelt Betreuungspersonen für zuhause. Im Visier hat es ungelernte Angehörige.

, 6. September 2023 um 13:49
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Symbolbild: Gpointstudio auf Freepik
Das Geschäftsmodell hat die Firma Carela nicht selber erfunden, aber trotzdem ist es noch nicht weit verbreitet – und erst seit kurzem überhaupt möglich. Bisher haben viele Angehörigen ihre behinderten oder kranken Familienmitglieder gratis unterstützt.

Stundenlohn für Angehörige

2020 hat das Bundesgericht entschieden, dass Krankenkassen die Grundpflege durch ein Familienmitglied entschädigen müssen. So können auch Spitex-Betriebe die Pflege von Angehörigen entlöhnen.
Das macht sich Carela zunutze: Die Firma stellt Angehörige im Stundenlohn an. Das Unternehmen verspricht auch «Zugang zu Beratung, Schulungen und Weiterbildungsprogrammen».

Beratungsunternehmen im Hintergrund

Hinter der Firma steht in erster Linie das auf das Gesundheitswesen spezialisierte Beraterunternehmen Scheggpartner. Reto Schegg ist Verwaltungsratspräsident von Carela. Die Geschäftsleiterin Nicole Meier arbeitet ebenfalls für Scheggpartner. Ebenfalls im Carela-Verwalatungsrat sitzt Evelyne Wirz Eberle, die Direktorin der Hochgebirgsklinik Davos.
Reto Schegg rechnet bei der häuslichen Pflege durch Angehörige mit einem Milliarden-Markt. Die Angehörigen hätten bisher 80 Millionen Stunden pro Jahr gratis gearbeitet, «was einem Wert von 4,5 Milliarden Franken entspricht.»

Auch andere Private und die Caritas

Carela ist nicht die erste Firma, welche in diesen Markt einsteigt. Auch Solicare und Asfam bieten sich als Arbeitgeber von pflegenden Angehörigen an. Zudem hat auch die Caritas mit Caritas Care ein solches Angebot.
Oft ist den Angehörigen, die sich für eine Entschädigung interessieren, nicht bewusst, dass nur die pflegerische Arbeit bezahlt wird und die häufig nötige zusätzliche Betreuung nicht enthalten ist. Der offerierte Stundenlohn ist dann unter dem Strich nicht mehr so grosszügig, wie es auf den ersten Blick scheint.

35 Franken für knochenharte Arbeit

Pflegende Angehörige können meistens mit einem Stundenlohn um 35 Franken rechnen. Allerdings erhalten sie dieses Honorar nur für Tätigkeiten der Grundpflege. Diese müssen ärztlich verordnet sein, wenn sie die Krankenkasse übernehmen soll.
Zur Grundpflege gehören:
  • Hilfe beim Duschen, Baden und Waschen oder bei der Zahnpflege
  • Unterstützung beim An- und Ausziehen
  • Hilfe beim Essen und Trinken
  • Hilfe beim Toilettengang
  • Hilfe beim Aufstehen, Hinlegen und Gehen
Betreuungsaufgaben wie Gesellschaft leisten, zusammen Spazieren gehen oder auch Büroarbeiten wie das Erledigen der Steuererklärung oder Bezahlen von Rechnungen werden von der Krankenkasse nicht vergütet.

  • pflege
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