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Hypnose: Wirksam, zweckmässig, wirtschaftlich – und ignoriert
Hypnosetherapien könnten helfen, die Gesundheitskosten einzudämmen. In den Spitälern der Romandie sind sie bereits verankert. Wann folgt die Deutschschweiz?
Gastbeitrag von Roland Wiederkehr, 4. Januar 2024 um 11:11letzte Aktualisierung: 7. August 2024 um 07:18Roland Wiederkehr
«Wenn wir ein Medikament finden würden, das dieselben Auswirkungen auf den Schmerz hat wie die Hypnose, und das zusätzlich ein Gefühl des Wohlbefindens, der Ruhe und Kontrolle gibt, wäre das ein phänomenaler Erfolg. Jeder würde es haben wollen, und es würde milliardenfach verkauft werden. Die Hypnose liefert das alles gratis. Und ohne Nebenwirkungen.»
So sagte es Mark P. Jensen, Psychiater an der Universität of Washington in Seattle, in der «Arte»-Dokumentation «Die wunderbaren Kräfte der Hypnose».
Mittlerweile belegen Tausende Studien, was Hypnosetherapie vermag. Ihre Resultate entsprechen dem WZW-Prinzip, der Voraussetzung für die Akzeptanz in der Grundversicherung: wirksam, zweckmässig, wirtschaftlich. Doch Hypnose findet sich nicht einmal im Katalog 590, der massgebend ist für die Teilvergütung von alternativen Behandlungen der Krankenkassen; sie hat also auch keine Anerkennung für die Zusatzversicherungen.
Roland Wiederkehr ist Präsident des Schweizerischen Berufsverbandes für Hypnosetherapie. Der ehemalige Nationalrat (Landesring der Unabhängigen) hat den WWF Schweiz aufgebaut, ferner die Stiftungen Road Cross und Green Cross – letztere zusammen mit Michail Gorbatschow.
Aufdeckende Hypnose kann bei Angst und Panik – und generell bei seelischen Leiden – mit einer bis drei Sitzungen erreichen, wofür andere Therapieformen und Techniken, die nicht mit dem Unterbewusstsein arbeiten, Dutzende von Behandlungen über lange Zeit benötigen. Hypnosetherapie ist aber auch die beste Hilfe zur Selbsthilfe bei körperlichen Themen wie Schmerzen, Reizdarm, Migräne, Allergien et etera. Mehr als fünf Sitzungen braucht es in der Regel nicht. Selbsthypnose befähigt danach die Klienten, sich selbst weiterhin Sorge zu tragen, mit einem Minimum an Medikamenten, sofern solche überhaupt noch benötigt werden.
«Das Waadtländer Kantonsspital in Lausanne spart damit bei schweren Brandverletzungen bis zu 25'000 Franken pro Patient.»
Bundesrat und Gesundheitsminister Alain Berset sagte Mitte August 2023, dass Patienten zwecks Kostenersparnis nicht gleich einen Spezialisten, sondern eine Anlaufstelle für Erstberatung aufsuchen sollten, etwa den Hausarzt oder per Telemedizin. Wenn zu solcher Erstberatung auch Hypnosetherapeuten beigezogen würden, könnten zusätzlich Millionen gespart werden – weil auf unnötige Behandlungen und viele Langzeittherapien verzichtet werden könnte, wenn eine Kurzzeitintervention mit Hypnosetherapie Erfolge zeitigt.
Unkenntnis und Unwillen
In Frankreich und auch im Genfer Kantonsspital werden mehr und mehr Operationen ohne Narkose, sondern in Hypnose durchgeführt. Klar: Anästhesisten stehen bereit, sollte Hypnose allein nicht genügen. In Spitälern der Westschweiz ist Hypnosetherapie als Kurzzeitintervention, Begleitung der Behandlungen und Hilfe zur Selbsthilfe bereits verankert. Das Waadtländer Kantonsspital in Lausanne spart damit bei schweren Brandverletzungen bis zu 25'000 Franken pro Patient.
Woran liegt’s, dass Hypnosetherapie vor allem in der Deutschschweiz noch ein Mauerblümchendasein fristet?
An Unkenntnis. Am fehlenden Willen aller, dazuzulernen. Und auch an der Verteidigung von Privilegien.
Vorstösse im Parlament wurden vom Bundesrat abgelehnt – Hypnosetherapie sei Sache der Privaten. Die Krankenkassen? Bis auf Vereinzelte kaum Interesse. Die Interessensgemeinschaften und eingespielten Berufsgruppen mit ihren starken Lobbys im Bundeshaus? Widerstand ist programmiert. Ebenfalls von Seiten der Pharma, die kein Interesse an weniger Medikamentenverbrauch hat.
«Die knapp 9 Millionen Franken, die der Zürcher Regierungsrat nun beschlossen hat, sehen indes keine Hypnosetherapien vor.»
Auch die Pro Juventute, die das Telefon 147 für Kinder und Jugendliche betreibt, lehnt das Angebot von Mitgliedern des Schweizerischen Berufsverbandes für Hypnosetherapie (SBVH) ab, Kinder und Jugendliche unentgeltlich oder für geringe Kosten zu behandeln. Sie beklagt aber gleichzeitig, dass psychisch belastete Jugendliche monatelang auf eine Behandlung durch Psychiater oder Psychotherapeuten warten müssen.
Der Zürcher Kantonsrat hat kürzlich ohne Gegenstimme einer Initiative von Benedikt Schmid (Die Mitte) zugestimmt, psychisch belastete Jugendliche müssten innert vier Wochen Zugang zu Hilfe erhalten. Das aber ist ohne Einbezug von Hypnosetherapie nicht möglich. Die knapp 9 Millionen Franken, die der Zürcher Regierungsrat nun beschlossen hat, sehen indes keine Hypnosetherapien vor.
Immer dasselbe: Prämien oder Steuern
Das Meiste, was von Politik und Parteien derzeit als Hilfe zur Bewältigung des Prämienschocks vorgeschlagen wird, geht zulasten des Steuerzahlers: Ein Drittel der Bevölkerung in der Schweiz erhält Subventionen, um die Krankenkassenprämien bezahlen zu können.
Was Normalbürger aber kaum wissen: Nicht nur die Zuschüsse an die Bürgerinnen und Bürger sowie an die Spitäler sind Steuergelder, sondern zum Beispiel auch die Reha-Kosten. Die bis zu 25000 Franken einer 6-Wochen-Reha in einer Burnout-Klinik werden in der Grundversicherung zu 45 Prozent von der Krankenkasse geleistet, die andern 55 Prozent jedoch zahlt der Wohnkanton des Patienten. Der Kanton Zürich ging vor Bundesgericht, weil er das nicht mehr bezahlen wollte – und verlor.
«Selbststärkung dank Selbsthypnose wäre auch ein Rezept, mit dem alte Menschen länger in der eigenen Wohnung bleiben könnten.»
Prävention von Burnout gelingt am besten mit Hypnosetherapie, und selbst wenn der Burnout schon da ist – Ursachenfindung mit auflösender Hypnose ist das beste Mittel, um ihn loszuwerden. Und dies kostet bis zu 30mal weniger als die Klinik. Obendrein sparen Firmen und Versicherungen, weil Mitarbeiter dank Hypnosetherapie mit Selbstermächtigung schneller wieder am Arbeitsplatz sind.
Selbststärkung dank Selbsthypnose ist auch das Rezept, mit dem alte Menschen länger im eigenen Hause, in der eigenen Wohnung bleiben können und weniger Pflege brauchen. Denn wenn sie ins Heim müssen, kostet das den Steuerzahler Unsummen – jeden Monat Tausende von Franken.
Wie lange noch kann das gut gehen mit dem Einsatz von Steuergeldern? Die Ende 2023 vom Parlament beschlossene «Einheitliche Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen» (Efas) könnte – wenn sie das angedrohte Referendum übersteht – erst 2028 greifen (und für die Pflege erst 2031).
Es ist höchste Zeit für ein Umdenken, für ein neues Paradigma. Hypnosetherapie muss darin Platz finden – Prävention mit Vermittlung von Hypnosetechniken in Schulen, Firmen und durch Institutionen für das Alter ist das beste Mittel um psychische Leiden und hohe Kosten zu ersparen.
Und es ist Zeit, diesen kostengünstigen und hochwirksamen Ansatz öffentlich zu diskutieren, um die Vorteile der aufdeckenden Hypnosetherapie unter die Leute zu bringen.
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