Hausärzte: Gute Bezahlung heisst gute Behandlung

Boni für Ärzte? Eine neue Studie deutet an, dass eine Leistungslohn-Komponente ganz gut sein könnte für die Patienten.

, 26. Februar 2024 um 03:39
image
Symbolbild: Medinside, erstellt mit Midjourney.
Es ist eine Kernfrage in der Debatte um die Gesundheitskosten: Würde es etwas bringen, wenn man die Honorierung der Ärzte abhängig macht vom Behandlungserfolg? Zumindest ein bisschen?
Viele Studien zum Thema gibt es nicht; das liegt an Datenproblemen sowie daran, dass es in der Wirklichkeit wenig greifbare Fälle und messbare Beispiele gibt.
Eine Gruppe von Ökonominnen und Ökonomen diverser deutscher Universitäten sowie des Leibniz-Instituts gingen die Frage nun aber in Form eines Experiments an. Dabei wurden 104 Grundversorger aus Deutschland einbezogen.
  • Jeannette Brosig-Koch, Heike Hennig-Schmidt, Nadja Kairies-Schwarz, Johanna Kokot, Daniel Wiesen: «A new look at physicians’ responses to financial incentives: Quality of care, practice characteristics, and motivations», in: «Journal of Health Economics», März 2024.
  • doi.org/10.1016/j.jhealeco.2024.102862
Einige Hauptresultate vorweg:
  • Ja, eine ergebnisabhängige Honorierung steigert die Behandlungsqualität (allerdings nur leicht).
  • Dieser Qualitätseffekt nimmt mit der Schwere der Erkrankung zu.
  • Die Höhe des versprochenen Bonus (ob 5 Prozent oder 20 Prozent) hat allerdings keinen wesentlichen Einfluss auf die Entscheide der Ärzte beziehungsweise die Qualität ihrer Betreuung.
  • Andererseits macht es einen erheblichen Unterschied, um welche Art Ärzte respektive Praxen es sich handelt. Ärzte aus Praxen mit hohen Gewinnen waren im Experiment stärker gewinnorientiert. Dies führte zu einer tieferen Qualität der Versorgung im Vergleich zu Ärzten in Praxen mit niedrigen Gewinnen.
Das Experiment war freilich nicht ganz realistisch: Die Versuchspersonen – aka Hausärzte – hatten nicht reale Patienten vor sich, sondern konnten in einer simulierten Situation gewisse Entscheide fällen und Therapien wählen. Dabei wurde jedem Entscheid eine Information über das Honorar sowie über den Nutzen für den virtuellen Patienten zugeordnet.

Je nach Arzttyp und Praxistyp

Der methodische Clou dabei: In jedem Fall gab es einen trade-off zwischen dem maximalen Patientennutzen und den maximalen Ärztehonorar – also eine gewisse Spannung.
Im Test gab es auch verschiedene Bonushöhen: entweder 5 Prozent oder 20 Prozent.
Grundsätzlich wurde der Bonus immer dann gewährt, wenn der Arzt eine Qualitätsschwelle erreichte, die an den gesundheitlichen Nutzen des Patienten gekoppelt war. Das Ganze wurde dann auch bei unterschiedlich schweren Erkrankungen durchgespielt. Im Vorfeld stellte das Forscherteam den Testärzte zudem Fragen etwa nach dem Praxistyp oder nach ihrer Arbeitsmotivation.
Eine wenig erstaunliche Tendenz war dann, dass die Qualität der Versorgung mit dem dargelegten allgemeinen Altruismus des Arztes steigt.

Per Bonus gegen Unterversorgung?

Unterm Strich ergab sich, dass die Qualität bei einer Leistungsvergütung – im Vergleich zur allgemeinen Pauschal-Entlöhnung – um etwa 7 Prozentpunkte erhöht war. Dieser Effekt nahm mit der Schwere der Erkrankung zu – allerdings nicht mit der Bonus-Höhe (ob 5 oder 20 Prozent). «Die Datenverknüpfung weist darauf hin, dass Hausärzte in ertragsstarken Praxen eine schlechtere Versorgungsqualität bieten», so ein weiteres Fazit.
Eine Idee, welche die Autoren in ihrer Conclusion aufbringen, lautet: Es könnte sinnvoll sein, bei schweren Erkrankungen eine Leistungskomponente einzuführen – als Mittel gegen die Gefahr der Unterversorgung, welche hier beim Fallpauschalen-Prinzip droht.
  • lohn
  • Hausarztmedizin
  • hausärzte
  • Qualität
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

«Das Problem ist die Bürokratie, welche die Kassen selber mitverursachen»

Der Kardiologe Michel Romanens kämpft seit Jahren gegen die WZW-Ermittlungs-Verfahren der Versicherer. Nun erhält er massive Unterstützung durch ein Bundesgerichts-Urteil. Was sind die Folgen?

image

«The World's Best Hospitals 2024»: Universitätsspital Zürich in den Top Ten

Insgesamt drei Schweizer Häuser kamen in die Spitzengruppe des bekannten Rankings von «Newsweek» und Statista.

image

Pro Infirmis, SRK, SPG, Kispi: Die guten Arbeitgeber im Schweizer Gesundheitswesen

Beim Ranking der «Besten Arbeitgeber 2023» waren die Ergebnisse der Branche eher mittel.

image

Zufriedenheitsbefragung 2023: Top-Noten für Akut- und Kinderspitäler

33'800 Patienten wurden befragt. Speziell zufrieden ist das Publikum mit der 'Verständlichkeit der Auskünfte'.

image

Lohnerhöhungen in Aarau und Zofingen

Das KSA Aarau steigert die Löhne 2024 um insgesamt 1,6 Prozent. Das KSA Spital Zofingen erhöht die Lohnsumme um 1,8 Prozent.

image

KSBL gleicht Teuerung nun doch stärker aus

Insgesamt steigt die Lohnsumme um 2,1 Prozent. Bei den Assistenzärzten gibt es eine Lohnstufen-Anpassung.

Vom gleichen Autor

image

Curafutura: Marco Romano folgt auf Sandra Laubscher

Der ehemalige Mitte-Nationalrat wird Leiter Gesundheitspolitik und Mitglied der Geschäftsleitung.

image

Versicherer bietet allen Kunden Gen-Tests an

Beim US-Konzern Mass Mutual können alle Versicherten zwischen 35 und 70 ihr genetisches Risiko für acht Erkrankungen prüfen lassen.

image

Radiologen gehen gegen Fernsehbeitrag vor

Die Gesellschaft für Radiologie will nicht akzeptieren, dass «10 vor 10» ihren Fachbereich als Musterbeispiel für missbräuchliche Abrechnungen darstellt.