Grosse Krankenkasse kündet Vertrag mit Genfer Spital

Preisstreit in Genf: Weil das Hôpital de La Tour «missbräuchliche» Tarife verlange, will die Groupe Mutuel nicht mehr zahlen.

, 2. Mai 2024 um 04:42
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Thomas Boyer, Direktor der Groupe Mutuel, erklärt, warum der keinen Vertrag mehr mit dem Hôpital de la Tour mehr abschliesst. | RTS
Die drittgrösste Krankenversicherung der Schweiz übt Druck auf ein Genfer Privatspital aus: Die Groupe Mutuel bezahlt keine privaten und halbprivaten Spitalaufenthalte mehr im Genfer Hôpital de La Tour.

«Die höchsten Tarife der Schweiz»

Krankenkassen-Chef Thomas Boyer rechtfertigte diesen Entscheid gegenüber dem Westschweizer Fernsehen RTS. Die Tarife der Genfer Klinik seien «missbräuchlich».
In den letzten Monaten habe die Krankenkasse mehrere Tarifvorschläge gemacht, die das Hôpital de La Tour aber alle abgelehnt habe, sagte Boyer. Er kritisierte, dass die Klinik «die höchsten Tarife der Schweiz» anbiete.

Patienten können ausweichen

Boyer bedauert, dass die Versicherten die Folgen zu tragen hätten. Die Versicherung habe aber mit allen anderen Genfer Kliniken Verträge abgeschlossen. «Unsere Kunden können also anderswo unter gleich guten Bedingungen betreut werden.»
Derzeit üben auch manche andere Krankenassen Druck auf die Privatspitäler aus. Dieses Spiel müsse aufhören, fordert Boyer. Er sei sich bewusst, dass die Kassen nicht von heute auf morgen von den Spitälern verlangen können, ihre Tarife um 40 Prozent zu senken.
Aber Kliniken, die bereits die teuersten der Schweiz sind und dann auch noch Tariferhöhungen verlangen, das könne nicht mehr gerechtfertigt werden.

Spital will Entscheid anfechten

Das Spital will den Entscheid der Krankenkasse anfechten, notfalls gerichtlich. Es will die Patienten bis zum 1. Juli 2024 weiterhin behandeln und keine Mehrkosten von ihnen verlangen.
Direktor Rodolphe Eurin erklärte in einem Interview mit der «Tribune de Genève», dass er vermeiden wolle, dass laufende Behandlungen abgebrochen würden und die Patienten wegen der «unverantwortlichen Entscheidung der Groupe Mutuel als Geiseln genommen werden».

1200 Patienten betroffen

Vom Entscheid betroffen seien etwa 1200 Genfer Patienten pro Jahr. Eurin kritisierte die Groupe Mutuel. Die Kasse handle unverantwortlich, indem sie «die Tür des einzigen Privatspitals der Westschweiz zuschlägt, das 25 Prozent der Intensivbetten des Kantons stelle und über die einzige jederzeit geöffnete Notaufnahme am rechten Ufer verfügt».
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