Es gibt Behandlungen und Untersuchungen, die Patientinnen und Patienten keinen Mehrwert bieten. Gegen die Über- und Fehlversorgung setzt sich der Verein Smarter Medicine ein. Gemeinsam mit seinem Netzwerk, bestehend aus Spitälern und Berufsverbänden, werden regelmässig «Top-5-Listen» mit unnötigen Behandlungen aus diversen medizinischen Fachbereichen veröffentlicht.
Dieses Mal stammen die Empfehlungen aus dem Gefilde der Geburtshilfe, konkret vom Schweizerischen Hebammenverband (SHV).
Dieser warnt: «Bei einer Geburt können Interventionen zu jedem Zeitpunkt nötig sein, aber auch potenziell Schaden anrichten.» Mit der Liste will der SHV dazu aufrufen, diverse Eingriffe sorgfältig abzuwägen und nur dann einzusetzen, wenn sie einen gesundheitlichen Vorteil haben.
Diese Behandlungen sind unnütz
Zu den unnötigen Behandlungen zählt zum Beispiel das Durchschneiden der Nabelschnur vor der ersten Minute nach der Geburt.
«Das Abwarten führt in der Regel dazu, dass neugeborene Kinder gesünder sind und sich besser entwickeln. Das gilt für pünktlich aber auch für frühgeborene Säuglinge», erklärt der SHV in einem gemeinsamen Communiqué.
Auch von einem routinemässigen Dammschnitt bei einer vaginalen Geburt rät der Berufsverband ab: Dieser sei eine zusätzliche Verletzung und habe grundsätzlich weder für die Mutter noch für das Kind Vorteile.
Ebenso wenig sinnvoll ist es, einen routinemässigen Kaiserschnitts zu empfehlen oder planen. «Frauen, die nach einem Kaiserschnitt normal gebären, haben weniger Blutungen und Komplikationen als Frauen mit mehreren Kaiserschnitten», so der SHV.
Top-5-Liste: Die fünf Empfehlungen des Schweizerischen Hebammenverbands auf einen Blick
- Kein Durchschneiden der Nabelschnur vor der ersten Minute nach Geburt, ausser wenn das Kind medizinische Hilfe braucht.
- Keine künstliche Geburtseinleitung oder Kaiserschnitt planen vor der 39 0/7 Schwangerschaftswoche, ausser es gibt einen klaren medizinischen Grund dafür.
- Keine routinemässigen Kaiserschnitte empfehlen oder planen, auch nicht bei Frauen mit früherem Kaiserschnitt.
- Keine Wehenunterstützung mit Medikamenten bei einer Geburt, ausser es gibt für die Mutter oder das Kind einen medizinischen Grund.
- Keine routinemässigen Dammschnitte bei vaginalen Geburten.
Diese Empfehlungen sind als Leitlinien zu verstehen, die eine gemeinsame Entscheidungsfindung der Gesundheitsfachperson mit den Eltern über das Vorgehen bewirken soll.