Und wie schliessen wir dann das EPD an unser KIS an?

Fast 400 Millionen Franken nimmt der Bund in die Hand, um das Gesundheitswesen zu digitalisieren. Zugleich nimmt er die Software-Anbieter und Spitäler in die Pflicht.

, 8. März 2024 um 14:47
image
Symbolbild: Medinside, erstellt mit Midjourney.
Der Nationalrat hat am Donnerstag 391 Millionen Franken für die Digitalisierung des Gesundheitswesens gesprochen. Zwar muss auch noch der Ständerat dem Verpflichtungskredit zustimmen, doch das ist eigentlich nur noch Formsache.
Denn es herrscht breiter Konsens, dass im Healthcare-Bereich ein «grosses Digitalisierungsdefizit» besteht und dass es jetzt «vorwärtsgehen muss».
So sagte es Stefan Hostettler, Generalsekretär des Innendepartements, an einem Hearing zum Gross-Projekt Digisanté; die Anhörung war von der Parlamentarischen Gruppe Digitale Nachhaltigkeit organisiert worden. Anne Lévy, Direktorin des Bundesamts für Gesundheit BAG, pflichtete ihm bei: Es gehe nicht darum, ob das Gesundheitswesen digitalisiert werde – sondern «wie gut und wie schnell».

Hausaufgaben für alle

Auch für Mathias Becher, Leiter Digitale Transformation beim BAG, stimmt der Kurs. Die Branche bewege sich in die richtige Richtung, sagte er. Allerdings gebe es «viele Abhängigkeiten», so Becher, und es sei schwierig, alle Beteiligten an einen Tisch zu kriegen.
Anne Lévy bestätigte das: «Digitalisierung funktioniert nur, wenn Bund, Kantone und die übrigen Akteure ihre Hausaufgaben machen.»
Die BAG-Chefin betonte die Wichtigkeit des Once-only-Prinzips, also dass Daten nur einmalig erfasst und Doppelspurigkeiten vermieden werden. Damit das funktioniere, sei es notwendig, die Krankenhaus- und Praxisinformationssysteme (KIS/PIS) über entsprechende Schnittstellen an Plattformen wie das E-Patientendossier oder das geplante Organspenderegister anzubinden.
Aktuell sind in grossen Spitälern drei bis vier unterschiedliche KIS im Einsatz, wobei Cistec und Epic den Grossteil des Markts mittelfristig wohl unter sich aufteilen können. Darüber hinaus nutzen Schweizer Arztpraxen rund 60 verschiedene PIS-Produkte.

KIS-Anbieter müssen Schnittstellen bauen

Sicherzustellen, dass die Handvoll KIS-Produkte und die zahlreichen Anbieter von Praxis-Informationssystemen die entsprechenden Schnittstellen bauen, wird schwierig. Vielleicht sogar schwieriger, als mit dem E-Patientendossier einen relevanten Marktanteil zu erreichen.
Nichtsdestotrotz ist dies laut Matthias Becher nicht Aufgabe der Eidgenossenschaft. «Wir wollen uns als Bund nicht in die Privatwirtschaft einmischen», sagte er. Die Integration zu ermöglichen, sei Aufgabe der Software-Anbieter und der Spitäler selbst. Diese müssten in ihren Ausschreibungen für neue Systeme – wie aktuell das Zürcher Unispital – entsprechende Anforderungen an die Anbieter formulieren, so Anne Lévy auf Nachfrage. Als Bund wolle man aber beide Seiten unterstützen, indem man beispielsweise auf internationale Standards setzt oder anonymisierte Daten zur Verfügung stellt.

EPD und Digisanté gehören zusammen – eigentlich…

Heute ist man aber weit davon entfernt. Es gibt in der Schweiz weder definierte und strukturierte Austauschformate noch funktionierende Integrationen in Praxis- und Krankenhausinformationssysteme. Der Up- und Download von Daten auf die beziehungsweise von der EPD-Plattform passiert in den meisten Fällen manuell, wie eine entsprechende Rücksprache mit Kennern der Branche zeigt.
Eine zusätzliche Schwierigkeit dürfte sein, dass das elektronische Patientendossier als Herzstück der Digitalisierungs-Massnahmen im Gesundheitswesen nicht zum Programm Digisanté gehört. Warum das so ist, «kann man eigentlich nicht erklären», gab Anne Lévy zu. Das sei eine «Verwaltungseigenheit». Doch «das eine funktioniert nicht ohne das andere».
  • Dieser Beitrag erschien erstmals auf «Inside-IT» mit dem Titel: «Schnittstellen zum EPD sind Sache der Anbieter».
  • IT
  • Digitalisierung
  • Digital Health
  • praxis
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Arzt-Rechnung an Patienten statt an Kasse: Das empfiehlt die FMH

Immer mehr Krankenkassen wollen Arzt-Rechnungen direkt begleichen. Die FMH hingegen empfiehlt: Die Rechnung soll zuerst an die Patienten gehen.

image

Arzt wies Patienten ab – wegen seiner Parteizugehörigkeit

Dieser Fall versetzte Deutschland in Aufruhr: Ein Hausarzt wollte einen Patienten nicht mehr – weil er bei der AfD-Partei ist.

image

Migros: 1,3 Milliarden Umsatz im Gesundheitswesen

Der Detailhandels-Konzern baut sein Healthcare-Netzwerk auch nach dem Abgang von Fabrice Zumbrunnen aus.

image

Ex-KSW-Chefarzt lanciert interventionell-radiologische Tagesklinik

Christoph Binkert verbündet sich mit dem Medizinisch-Radiologischen Institut MRI in Zürich.

image

Mit Best Practices zum neuen KIS

Finanzielle und personelle Engpässe fordern die IT-Abteilungen in Spitälern. Gefragt sind Lösungen, die sich ressourcenschonend einführen lassen.

image

Cyber-Sicherheit: Spital STS liess sich hacken – und fand Lücken

Ethische Hacker entdeckten im Auftrag der Thuner Spital-Gruppe Sicherheitslücken, die andernorts schon für Ransomware-Angriffe ausgenutzt worden waren.

Vom gleichen Autor

image

USZ schreibt neues Klinik-Informationssystem aus

Das Universitätsspital Zürich sucht als KIS einen Alleskönner, der die bisherigen Systeme konsolidiert. Da kommt wohl nur ein Anbieter in Frage.

image

Ein EPD kann jetzt im ganzen Land online eröffnet werden

Bei der Stammgemeinschaft der Post lässt sich nun schweizweit ein Patientendossier online eröffnen. Neun Kantone übernehmen die Kosten – ansonsten kostet es 15 Franken.

image

Kinderspital: Konkurrent reicht Beschwerde gegen KIS-Vergabe ein

Das Zürcher Kinderspital hat dem US-Anbieter Epic den Zuschlag für sein neues Klinik-Informationssystem erteilt. Der unterlegene Anbieter Cistec hat nun Beschwerde eingelegt.