Silberschmidt kämpft für Digital First statt Paper First

Das Parlament forciert die Digitalisierung des Gesundheitswesens. Der lange Leidensweg des elektronischen Patientendossiers soll beendet werden.

, 20. September 2022 um 09:39
image
FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt: «Wir wollen die Grundlagen für ein digitales Gesundheitsökosystem.»
Der Ständerat hat am Dienstag zwei Motionen von FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt durchgewunken. Beide waren schon im Nationalrat unumstritten, werden vom Bundesrat unterstützt, und beide drehen sich um die Digitalisierung des Gesundheitswesens.
Beschlossen ist nun, dass sämtliche betroffenen Gesetze dahingehend geändert werden, dass alle involvierten Parteien «die Prozesse rund um die Patientenadministration digital abwickeln können». Ausserdem muss ein eindeutiger digitaler «Patienten-Identifikator» geschaffen werden, damit «die verschiedenen Systeme miteinander kommunizieren können und der Datenschutz eingehalten werden kann», erklärt Motionär und FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt auf Anfrage von inside-it.ch. Dieser könne als Public Key verstanden werden, mit dem ein Private Key verbunden werden muss, um Zugriff auf die Daten zu gewähren.
Zugutekommen sollen die beiden Vorlagen dem elektronischen Patientendossier (EPD). «Zu glauben, wegen meiner beiden Motionen komme nun alles gut, wäre vermessen», sagt Silberschmidt. Das EPD habe einen langen Leidensweg hinter sich. «Es ist aber ein klarer Auftrag des Parlaments, endlich vorwärts zu machen. Wir wollen die Grundlagen für ein digitales Gesundheitsökosystem.»
Silberschmidt fordert darüber hinaus das Ende der doppelten Freiwilligkeit, also dass weder Patientinnen oder Patienten noch Hausärztinnen und Hausärzte beim EPD mitmachen müssen. Diese müsse der Vergangenheit angehören. «Es braucht eine Systemumkehr von 'paper first' auf 'digital first'», so Silberschmidt. Verantwortlich für die Kerninfrastruktur sei der Staat, fordert der FDP-Nationalrat. Er reguliere derart viel im Gesundheitswesen, "dass er auch eine Verantwortung in der Digitalisierung hat".
Die Vorstösse Silberschmidts sehen vor, dass die Daten dezentral gespeichert werden. «Ich stelle mir ein Ökosystem vor, in dem Patientinnen und die Patienten im Besitz aller Daten sind und bestimmen können, wer, wann, welchen Zugriff hat.»

Parlament will mit dem EPD vorwärtsmachen

Wie ungeduldig das Parlament ist und wie gross der Handlungsbedarf beim EPD ist, zeigen drei weitere Motionen, die heute ebenso behandelt worden sind. So muss der Bundesrat aufgrund der Annahme der Motion «Elektronisches Patientendossier. Praxistauglich gestalten und finanziell sichern» dafür sorgen, dass…
  • das EPD benutzertauglich wird, einfach zugänglich ist und für alle Betroffenen einen Mehrwert bringt,
  • die technische und organisatorische Komplexität des EPD reduziert wird
  • die EPD-Infrastruktur einfach in die digitalen Geschäftsprozesse zwischen den Gesundheitsfachpersonen eingebunden werden kann
Abgelehnt wurden im Ständerat Motionen, die unter anderem forderten, dass das EPD Vertragsbestandteil von alternativen Versicherungsmodellen sein kann und dass auch elektronische Rechnungen im EPD abgelegt werden können.
Der Bundesrat hat zwei Jahre Zeit, die angenommenen Motionen umzusetzen. «Ich hoffe, er wird die Motionen, welche im National- und Ständerat unbestritten waren, schnell umsetzen und Tempo in die Digitalisierung des Gesundheitswesens bringen», sagt Andri Silberschmidt.
Der Artikel ist zuerst auf «Inside IT» erschienen.

  • digital health
  • arbeitswelt
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

«Zweievierzg Stund»: Ein Flashmob für ein neues Arbeitszeit-Modell

In Zürich machen die Assistenzärzte nun Politik per Musikvideo.

image

«Wir schnüren Ihnen massgeschneiderte Pakete»

Nun gehört Medinside zu just-medical!. Für den Stellenmarkt im Gesundheitswesen entsteht damit ein Kommunikations-Kraftwerk mit zwei Job-Plattformen. Was bietet es? Ein Interview mit Co-Chefin Danijela Miladinovic.

image

Schaffhausen schickt 38-Stunden-Woche für Pflegepersonal bachab

Zu teuer – und ein heikles Signal: Der Kantonsrat wandte sich deutlich gegen eine Arbeitsreduktion für Pflegende im Schichtbetrieb.

image
In eigener Sache

«Ein Rundum-Paket für alle Themen und Zielgruppen»

Seit 15. Januar gehört Medinside zu just-medical!. Damit entsteht ein neues Kommunikations-Kraftwerk im Gesundheitswesen. Was heisst das konkret? Ein Interview mit just-medical!-Gründer Matthijs Ouwerkerk.

image

«Mit einer manipulierten Infusionspumpe konnten wir eine Tötung herbeiführen»

Medizingeräte wie Arzneimittelpumpen, Herzschrittmacher oder Operationsroboter sind zunehmend im Visier von Cyberkriminellen. Mit potenziell tödlichen Folgen.

image

In eigener Sache: just-medical! übernimmt Medinside

Durch die Fusion der Informations- und Wissensplattformen entsteht eine neue Kraft für die Gesundheitsbranche.

Vom gleichen Autor

image

Und wie schliessen wir dann das EPD an unser KIS an?

Fast 400 Millionen Franken nimmt der Bund in die Hand, um das Gesundheitswesen zu digitalisieren. Zugleich nimmt er die Software-Anbieter und Spitäler in die Pflicht.

image

USZ schreibt neues Klinik-Informationssystem aus

Das Universitätsspital Zürich sucht als KIS einen Alleskönner, der die bisherigen Systeme konsolidiert. Da kommt wohl nur ein Anbieter in Frage.

image

Ein EPD kann jetzt im ganzen Land online eröffnet werden

Bei der Stammgemeinschaft der Post lässt sich nun schweizweit ein Patientendossier online eröffnen. Neun Kantone übernehmen die Kosten – ansonsten kostet es 15 Franken.