«Ärzte sind warmherziger, aber auch neurotischer»

Eine Untersuchung aus Kanada zeigt, dass Ärzte und Ärztinnen spezielle Persönlichkeitsmerkmale haben.

, 14. Juni 2023 um 15:10
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Symbolbild: Freepik Drazen Zigic
Glaubt man einer Studie an der Carleton University im kanadischen Ottawa, dann unterscheiden sich Ärzte und Ärztinnen wesentlich von anderen Menschen. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung sind sie verträglicher, gewissenhafter und extrovertierter – aber auch neurotischer.

Gilt auch für Pflegefachleute

Auch Pflegekräfte erwiesen sich als überdurchschnittlich verträglich, wenn auch nicht auf dem gleich hohen Niveau wie die Ärzte. Untersucht wurden 23’000 Frauen und Männer aus der australischen Allgemeinbevölkerung (darunter 18’707 Patienten) und rund 20'000 Ärztinnen und Ärzte.
Abgefragt wurden die bekannten fünf wesentlichen Persönlichkeitsmerkmale:
  1. Verträglichkeit (empathisch, freundlich, kooperationsfähig, warmherzig)
  2. Gewissenhaftigkeit (ordentlich, systematisch, effizient, vorsichtig, organisiert)
  3. Extroversion (gesprächig, selbstbewusst, laut, mutig, lebendig)
  4. Neurotizismus (missgünstig, launenhaft, empfindlich, eifersüchtig, temperamentvoll, verdriesslich)
  5. Aufgeschlossenheit (philosophisch, kreativ, intellektuell, komplex)

Kaum Unterschiede zwischen den Fachgruppen

Die einzelnen Fachgruppen der Ärztinnen und Ärzten unterschieden sich kaum untereinander. Allenfalls waren Allgemeinmediziner noch etwas verträglicher als Fachärzte.
Die Unterschiede zur Allgemeinbevölkerung waren insgesamt bei Ärztinnen ausgeprägter als bei ihren männlichen Kollegen – das galt insbesondere für den Neurotizismus.

Nur Selbstaussagen

Die Autoren betonen, dass die Einschätzung der Persönlichkeitsmerkmale letztlich auf Selbstaussagen beruhen

Die Auswirkungen

Der erhöhte Neurotizismus der Ärzte rührt möglicherweise von zu viel Stress her, mutmassen die Autoren. Das könnte dazu führen, dass sie Stress eher als normalen Teil des Lebens wahrnehmen und den Einfluss von Stress auf die Gesundheit ihrer Patienten unterschätzen könnten.
Verträgliche und gewissenhaften Ärzte könnten ausserdem finden, dass ihre Patienten besonders konfrontativ und unorganisiert seien.

Besser einordnen

«Wenn sich Ärzte bewusst sind, dass ihre Patienten möglicherweise andere Persönlichkeitsmerkmale als sie selber haben, könnte es ihnen leichter fallen, das Verhalten ihrer Patienten richtig einzuordnen und zu verstehen», folgern die Autoren.
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