«Wir verzichten auf unnötige Dokumente wie Motivationsschreiben»

Die Spitex Region Schwyz hat so viele Job-Interessierte, dass sie Wartelisten führen muss und darf. Wie schafft man das? Die Antworten von Geschäftsführer Samuel Bissig-Scheiber.

, 7. November 2024 um 23:00
letzte Aktualisierung: 11. Januar 2025 um 08:44
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Bild: zvg
Herr Bissig-Scheiber, bei der Spitex Region Schwyz gibt es Wartelisten für neue Mitarbeitende. Wie kommt das?
Ja, das stimmt. Aktuell haben wir Wartelisten für FaGe-, SRK- und Hauswirtschafts-Mitarbeitende. Das Interesse an unserer Organisation ist gross, und wir freuen uns sehr darüber. Wir haben in den letzten eineinhalb Jahren intensiv daran gearbeitet, unsere Arbeits- und Anstellungsbedingungen zu verbessern. Unser Engagement wird geschätzt und das fördert die Bindung unserer Mitarbeitenden.
Wie wird man trotz Fachkräftemangel als attraktive Arbeitgeberin wahrgenommen?
Es gibt kein Patentrezept. Wir setzen auf eine authentische Organisationskultur, geprägt von Werten wie Förderung, Kommunikation auf Augenhöhe, Vertrauen und Wertschätzung. Und wir fokussieren auf die fortlaufende Weiterentwicklung unserer Organisation, besonders indem wir in unsere Angestellten investieren. Authentizität ist dabei zentral – die Mitarbeitenden sollen spüren, dass wir zu unserem Wort stehen und unsere Werte tatsächlich leben.
Samuel Bissig-Scheiber ist seit anfangs 2023 Geschäftsführer der Spitex Region Schwyz. Die Organisation beschäftigt 85 Personen. Davor war Samuel Bissig-Scheiber in diversen Leitungsfunktion des öffentlichen Sozialwesens tätig. Er ist diplomierter Betriebsökonom und hat einen MSc in Sozialer Arbeit.
Wie setzen Sie das bei der Spitex Region Schwyz konkret um?
Zum Beispiel sind flache Hierarchien bei uns gelebte Realität. Alle können mit allen über jedes Thema sprechen, unabhängig von der Position. Führungskräfte unterstützen die Mitarbeitenden darin, selbst Entscheidungen zu treffen, anstatt ihnen diese abzunehmen. Kompetenzen und Verantwortung machen den Arbeitsplatz spannend und zeigen Wertschätzung. Ausserdem haben wir feste Arbeitsplätze praktisch abgeschafft. Selbst ich suche mir jeden Tag einen neuen Platz – das fördert Transparenz und Augenhöhe.
Wie fördern Sie die Entwicklung Ihrer Mitarbeitenden?
Kontinuierliche Weiterbildung ist ein zentraler Bestandteil unserer Strategie. Das Kompetenzzentrum Bildung & Entwicklung, das vor Kurzem an den Spitex-Kantonalverband Schwyz übergeben wurde, ist für uns ein zentrales Element beim Wissenstransfer und in der Folge bei der Personal- und Fachentwicklung. Besonders wichtig ist uns, dass alle die Chance haben, sich persönlich und fachlich weiterzuentwickeln. Dies stärkt die Motivation und trägt zur langfristigen Bindung bei.
Wie funktioniert das Onboarding? Anders gefragt: Wie stellen Sie sicher, dass sich neue Mitarbeitenden von Anfang an wohlfühlen?
Unser Onboarding-Prozess ist sehr strukturiert. Wer bei uns beginnt, bekommt einen individuellen Einarbeitungsplan. Ausserdem legen wir viel Wert auf soziale Anlässe, bei denen sich das Team kennenlernen kann. Von Anfang an sollen sich neue Mitarbeitenden integriert fühlen. Das hilft nicht nur den Einzelnen, sondern stärkt auch den Teamzusammenhalt.
«Wir haben Kosten gesenkt und gleichzeitig die Zahl der geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten erhöht.»
Wie sieht ihr Rekrutierungsprozess jetzt aus?
Wir haben unseren Rekrutierungsprozess so leicht wie möglich gemacht. Eine Bewerbung über unser Online-Tool dauert weniger als eine Minute, und wir verzichten auf unnötige Dokumente wie Motivationsschreiben. Unser Ziel ist es, den Prozess so transparent und authentisch wie möglich zu gestalten. Innerhalb von meistens 48 Stunden erhalten die Bewerbenden eine Rückmeldung. Nach dem telefonischen Erstgespräch lernen wir uns gegenseitig an ein paar Schnuppertagen kennen und anschliessend, wenn alles passt, kommt es zur Vertragsunterzeichnung. Wir holen die Unterlagen fast am Ende des Prozesses ein. Wir behandeln Bewerbende von Anfang an so, wie wir auch unsere Mitarbeitenden behandeln.
Was ist die Wirkung dieses Prozesses?
Wir haben Kosten gesenkt und gleichzeitig die Zahl der geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten erhöht. Fast 95 Prozent der Bewerbenden in der Pflege, die wir über diesen Weg gewinnen, passen zu uns – und dies ohne umfangreiche Unterlagen am Anfang. Dieser Prozess hilft uns, schnell und effizient auf den Fachkräftemangel zu reagieren, ohne Kompromisse bei der Qualität einzugehen.
Wie sieht das Offboarding aus?
Wenn jemand uns verlässt, dann versuchen wir die Gründe für den Weggang zu eruieren. Ebenso erhält man bei der Verabschiedung von uns ein Rückkehrticket. Also wenn man wieder einen Job sucht, spart man sich damit die Bewerbung. Mit diesem Ticket kann man gleich mit mir Mittagessen gehen und das Anliegen direkt besprechen.
  • Dies ist die gekürzte Form eines Interviews, das erstmals in der «Spitex-Drehscheibe» unter dem Titel «Warteliste für neue Mitarbeitende» erschien.

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