Depressionen und Selbstmordgedanken kommen bei Ärzten häufiger vor als in der übrigen Bevölkerung. Besonders betroffen sind Chirurgen. Deshalb schlägt
ein Bericht im «Journal of the American Medical Association» (JAMA) Alarm.
Jüngste Daten würden zeigen, dass Depressionen und andere psychische Erkrankungen bei vielen Chirurgen bereits während der langen Ausbildungszeit beginnen. In einer nationalen Stichprobe unter chirurgischen Assistenzärzten war bei den Einsteigern die Rate der bereits bestehenden Depressionen zunächst deutlich niedriger (3,4%) als die bei Gleichaltrigen. Trotzdem entwickelte fast ein Drittel der Praktikanten im ersten Ausbildungsjahr eine Depression.
Die Ursachen orten die Autoren bei der belastenden Tätigkeit der Chirurgen und den steigenden Anforderungen im Gesundheitssystem. Eine
Studie während der Pandemie ergab, dass 33 Prozent der Chirurgen Depressionen hatten, 31 Prozent Angstzustände und 24 Prozent posttraumatische Belastungsstörungen.
Höher als Brustkrebsrisiko für Frauen
Vor der Pandemie berichtete jeder 16. Chirurg von Selbstmordgedanken. In einer postpandemischen Befragung von über 600 Chirurgen in der Ausbildung war es bereits jeder 7. Dies ist höher als das Brustkrebsrisiko für Frauen in den USA.
Die Autoren fordern deshalb, dass der psychischen Gesundheit von Chirurgen mehr Beachtung geschenkt werde und schlagen dringende Änderungen vor.
Das liesse sich verbessern:
Aufklärung: Störungen der psychischen Gesundheit, einschließlich Drogenkonsum, seien als Krankheiten und nicht als Charakterfehler anzusehen. Sie zu überwinden sei keine Frage der Wahl eines anderen Berufes oder Willens.
Menschen mit psychischen Störungen sollten sich vertraulich behandeln lassen können. Betroffene sollen Diagnosen von psychischen Krankheiten nicht offenlegen müssen, sofern die Erkrankung unter Kontrolle und die Operationstätigkeit oder die Patientensicherheit nicht beeinträchtigt sei.
Schulung: Psychologische Fachleute sollen angehenden Chirurgen darin schulen, mit persönlichen und beruflichen Stressfaktoren fertig werden, zum Beispiel mit Todesfällen im Operationssaal, zerbrochenen Beziehungen oder Angst um die Patientenversorgung oder die berufliche Karriere. Das eigene psychische Wohlbefinden sollte Teil der Ausbildung werden.
Unterstützung des Teams: Kollegen und Kolleginnen sollten aufmerksam sein und Betroffenen helfen.
Kulturwandel in der Chirurgie: Bewusste und unbewusste Vorurteile gegenüber Menschen mit psychischen Erkrankungen müssten gestoppt werden. Eine psychische Erkrankung dürfe kein Grund für eine Nicht-Anstellung oder Entlassung sein. Der erste Schritt dazu sei, die psychische Gesundheit offen zu diskutieren, als Teil der allgemeinen Gesundheit.