Zentralisierung ans Unispital sorgt für Aufruhr

Die Waadtländer Spitalplanung bringt Unruhe ins Gesundheitswesen. Kritiker um Philippe Eggimann befürchten eine Verstaatlichung und eine Zweiklassen-Medizin.

, 2. Mai 2022 um 12:44
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Nicht nur im Kanton Zürich diskutieren Akteure im Gesundheitswesen über die geplanten Leistungsaufträge. Auch die künftigen Waadtländer Spitallisten sorgen für eine angespannte Atmosphäre, wie die französischsprachige Zeitung «24 Heures» ausführlich berichtet.
Im Zentrum der Kritik steht die Zentralisierung gewisser Leistungsaufträge ans Universitätsspital Lausanne (CHUV). Beispielsweise könnten Herzchirurgie, Wirbelsäulenchirurgie, Neurochirurgie oder Knie- und Hüftprothesen nur noch im CHUV erfolgen. 

Hirslanden: Keine Herzoperationen mehr?

Für Philippe Eggimann ist eine Zentralisierung ans CHUV «unrealistisch». Denn es gebe bereits Wartelisten für bestimmte Operationen, sagt der Präsident der Waadtländer Ärztegesellschaft. Zum Verlust der Spitalwahl komme noch das Risiko hinzu, dass sich die Wartefristen verlängern. 
Diesen Vorwurf teilen auch die Privatkliniken, die eine Verstaatlichung des Gesundheitswesen befürchten. Die Hirslanden-Klinik Cecil etwa könnte vielleicht bald keine Herzoperationen für grundversicherte Patienten mehr durchführen, sagte Spitaldirektor Stéphan Studer. 
Die Clinique de La Source, die jedes Jahr 500 Grundversicherte behandelt, könnte zudem ihren Leistungsauftrag in der Urologie verlieren. «In den letzten zehn Jahren haben wir Kompetenzen in der robotergestützten Chirurgie für die Urologie entwickelt», sagt Direktor Dimitri Djordjèvic. Das wäre schade. «Patienten mit Prostatakrebs zum Beispiel würden sich auf endlosen Wartelisten wiederfinden, obwohl wir sie behandeln könnten.» 

Angestelltenverhältnis für Ärzte

Die Angst vor einer Zweiklassen-Medizin ist gross. Sowohl Eggimann als auch Vertreter von Privatkliniken ärgern sich, dass keine wirkliche Konsultation oder ein Austausch zwischen den betroffenen Spitälern und dem Kanton stattfinde. Andere Spitäler befürchten wiederum, dass Spezialisten abwandern, weil sie nicht mehr operieren könnten. 
Für Diskussion sorgt aber auch die Neuerung, dass ein Spitalaufenthalt unter der Verantwortung eines Arztes steht, der in der Klinik angestellt sei oder unter der Verantwortung eines angestellten Chefarztes arbeite. «Das ist nicht möglich», sagt Eggimann, der seit kurzem im Vorstand des Ärzteverbandes FMH sitzt. Die meisten Ärzte, die in den Regionalspitälern tätig seien, seien zugelassene unabhängige Ärzte.

Spitallisten werden noch überarbeitet

Gesundheitsministerin Rebecca Ruiz bestätigt gegenüber der Zeitung «24 Heures» die Pläne, dass künftig bestimmte Eingriffe nur im CHUV durchgeführt werden sollten. Der Entwurf werde derzeit vom Gesundheitsdepartement überarbeitet. Kompromissvorschläge sind denkbar. «Die in die Vernehmlassung gegebenen Listen werden vollständig überarbeitet, noch ist nichts endgültig oder vom Staatsrat genehmigt», so Ruiz. 
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