Wirbel um Thomas Heiniger und das EPD

Vier Monate nach seinem Rücktritt ist der ehemalige Zürcher Gesundheitsdirektor Thomas Heiniger in die Kritik geraten. Hier die sieben wichtigsten Fragen und Antworten.

, 29. August 2019 um 04:00
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  • elektronisches patientendossier
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Um was geht es genau?
Im Zentrum der Kritik steht der Aufschub zur Rückzahlung einer staatlichen Anschubfinanzierung für die von Thomas Heiniger präsidierte EPD-Betreibergesellschaft Axsana. Die Firma hätte die Hälfte einer vom Kanton Zürich geleisteten Zahlung von 3,75 Millionen Franken bereits zurückzahlen müssen, wie der «Tages-Anzeiger» publik machte. 
Was wird Thomas Heiniger vorgeworfen?
Thomas Heiniger soll in seiner damaligen Funktion als Vorsteher des Gesundheitsdepartements die Frist für die Rückzahlung auf 2021 verlängert haben, kurz vor dem Ausscheiden als Regierungsrat. Der Aufschub wurde im Rahmen eines Protokolls festgehalten. Der FDP-Regierungsrat Heiniger selbst war an der Sitzung nicht anwesend.
Was ist die Axsana?
Axsana wurde 2016 zur Umsetzung des Elektronischen Patientendossiers (EPD) im Kanton Zürich gegründet. Heiniger ist deren Verwaltungsratspräsident. Auch der Berner Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg und der vor einer Woche zurückgetretene IT-Chef der Insel Gruppe Michael Dahlweid sitzen im Verwaltungsrat. Die nicht gewinnorientierte Betriebsgesellschaft ist im Eigentum der Kantone und der Leistungserbringer. Kritiker werfen Heiniger vor, er habe als oberster Gesundheitsdirektor in der Schweiz die Gesellschaft zum fast einzigen Anbieter in der Deutschschweiz ausgebaut – in dem er unter anderem Druck auf die Spitäler ausübte.
Welche Rolle spielt Natalie Rickli?
Die neue Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli ist der Ansicht, die Genehmigung des Aufschubs sei aus heutiger Sicht nicht korrekt abgelaufen. Die Sitzungsteilnehmer, der Axsana-Geschäftsführer Samuel Eglin (ehemaliger stellvertretender Generalsekretär des GD) und Mitarbeitende der Gesundheitsdirektion – seien dazu gar nicht befugt gewesen. Eine solche Änderung hätte separat schriftlich festgehalten werden müssen. Natalie Rickli fordert nun das Geld im Namen des Kantons zurück. Sie hat die Ax­sana schriftlich aufgefordert, über 1 Million Franken gemäss der ursprünglichen Vereinbarung zurückzuzahlen.
Warum wurde die Rückzahlung nicht geleistet?
Die Hälfte der vom Kanton Zürich geleistete Anschubfinanzierung hätte laut einer Vereinbarung zurückgezahlt werden müssen, weil die Axsana wie vorgesehen eine erste Tranche Finanzhilfe vom Bund erhalten hat. Die vollständige staatliche Zahlung soll erst nach vollständiger Zertifizierung der Leistungen erfolgen. Wieso die Axsana die Hälfte der Vorleistung des Kantons Geld nicht zurückzahlte, wollte Axsana-Geschäftsführer Samuel Eglin gegenüber dem Tagi nicht sagen.
Wie beurteilt Thomas Heiniger den Sachverhalt?
Thomas Heiniger selbst sagt, die Axsana habe sich in jedem ­Zeitpunkt «rechtmässig und zweckmässig» verhalten, auch beim Aufschub der Rückzahlung der Hälfte der Anschub­finanzierung. Er habe aus der Presse vom Vorwurf der Gesundheitsdirektion erfahren. Er wüsste gerne von Natalie Rickli, um was es genau gehe, sagt er dem SRF Regionaljournal. Von Skandal könne keine Rede sein.
Das EPD-Projekt ist zudem heute nicht mehr das gleiche wie vor drei Jahren, wie er dem «Tages-Anzeiger» erklärt. Aus dem reinen Zürcher Projekt sei ein interkantonales Projekt für 13 Kantone geworden. «Diese werden auch einen Beitrag leisten müssen.» Die kritisierte Rückzahlung erfolge also unter völlig neuen Rahmenbedingungen, so Heiniger.
Wie geht es jetzt weiter?
Wann Axsana der Aufforderung von Natalie Rickli nachkommt, ist unklar. Ein Treffen zwischen der Gesundheitsdirektion und der Betreibergesellschaft sei bereits aufgegleist. Laut Thomas Heiniger wird die Firma die Gelder aber auf jeden Fall zurückzahlen. Inzwischen haben sich dazu auch Parlamentarier zu Wort gemeldet, unter anderem CVP-Präsident Gerhard Pfister. 
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