Welches ist die gesündeste Art zu pendeln?

Die medizinischen Folgen des Pendelns hängen stark von der Art ab, wie der Mensch zur Arbeit gelangt. Die Resultate einer Untersuchung von 150'000 Männern und Frauen sind in ihrer Deutlichkeit überraschend.

, 22. März 2016 um 08:50
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Längst nicht alle Menschen treiben in ihrer Freizeit Sport, aber viele bauen Bewegung mehr oder weniger bewusst in den Alltag ein - zum Beispiel auf dem Weg zur Arbeit. Dabei lohnt es sich, die Resultate einer neuen Studie zu berücksichtigen. 
Die Schweizer sind ein Volk von Pendlern. Gemäss Bundesamt für Statistik pendeln neun von zehn Erwerbstätigen, was rund 3,8 Millionen Menschen entspricht. Der Anteil der Pendler hat in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zugenommen. 
Gut die Hälfte der Pendler (53 Prozent) benützt das Auto als Hauptverkehrsmittel auf dem Arbeitsweg. 30 Prozent begeben sich mit dem öffentlichen Verkehr zur Arbeit, 9 Prozent zu Fuss und knapp 7 Prozent mit dem Velo.

Effekt der Bewegungsarten auf den BMI

Ellen Flint, Forscherin an der London School of Hygiene & Tropical Medicine, hat nun die Auswirkungen der verschiedenen Bewegungsarten auf die Gesundheit untersucht, konkret auf den Körperfettanteil und den Body-Mass-Index. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin «The Lancet Diabetes & Endocrinology» veröffentlicht. 
Obschon die Resultate bis zu einem gewissen Grad zu erwarten waren, sind sie in ihrer Deutlichkeit überraschend. Menschen, die Velofahren, zu Fuss gehen oder die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen, haben nämlich «signifikant» bessere Werte als die Autofahrer. Am meisten Vorteile haben die, die sich auf den Sattel schwingen.

Grösste Untersuchung

Flint analysierte Daten von 150'000 britischen Männer und Frauen im Alter von 40 bis 69 Jahren. Sie stammen aus der UK Biobank der Jahre 2006 und 2010. 
Dabei zeigte sich: Personen, die sich während des Pendelns aktiv bewegen - also Velofahren oder zu Fuss gehen -, haben einen deutlich tieferen Body-Mass-Index und Körperfettanteil. 
«Die Studie zeigt einen soliden Zusammenhang zwischen aktivem Pendeln und einem gesünderen Körpergewicht sowie dessen Zusammensetzung», so Flints Fazit. 
Bekanntlich fördern mangelnde Bewegung und Übergewicht nachweislich Herz-Kreislaufkrankheiten, Diabetes und gewisse Krebsarten.

 

«Jede Bewegung ist besser als gar keine»

Velofahren ist die mit Abstand gesündeste Art, zur Arbeit zu gehen. Velofahrer sind im Durchschnitt fünf Kilo leichter als Autofahrer und ihr BMI liegt 1,7 tiefer. Velofahrerinnen waren im Durchschnitt 4,4 Kilogramm leichter als Autofahrerinnen. 
Auch wer zu Fuss geht, ist aus medizinischer Sicht gegenüber den Autofahrern klar im Vorteil. Je grösser die Distanz, desto grösser ist auch der Nutzen.
Der BMI wird auch durch die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln wie Bus oder Zug markant gesenkt. Die Studie zeigt, dass selbst eine kleine körperliche Aktivität gegenüber Autofahren immer noch einen positiven Effekt hat. 

 

Passives vs. aktives Pendeln 

«Sogar die geringe Bewegung, welche die öffentlichen Verkehrsmittel erfordern, ist wichtig für die Gesundheit», sagt Ellen Flint. Generell gelte: «Jede Bewegung ist besser als gar keine». 
Vor allem im mittleren Lebensabschnitt, wenn sich Übergewicht ansammelt, lohne es sich, das Pendeln für Bewegung zu nutzen. Flint schlägt vor, aktives Pendeln gesundheitspolitisch zur Vorbeugung von Übergewicht zu propagieren. Besonders die Menschen, die in ihrer Freizeit keinen Sport treiben, sollten darauf angesprochen werden.
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