Wenn der Atemtest die Blutprobe ersetzt

Atemanalysen sind schneller und günstiger als herkömmliche Diagnoseverfahren. Ein neues Gerät kann nun erstmals 17 Krankheiten voneinander unterscheiden.

, 29. Dezember 2016 um 08:27
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Der menschliche Atem enthält tausende von flüchtigen Bestandteilen, meist in geringster Konzentration. Je nach Krankheit kann sich die Zusammensetzung verändern. Menschen mit Diabetes beispielsweise haben einen süssen Atem. Forscher der ETH Zürich etwa haben schon vor Jahren einen Sensor entwickelt, mit dem sich Diabetes im Atem nachweisen lässt. 
Die bislang gängigen Analysegeräte für den Atem erkennen jeweils nur eine Krankheit. Ein neuer, von israelischen Forschern entwickelter Breathanalyzer macht es jetzt möglich, eine individuelle Atemsignatur zu analysieren und 17 verschiedene Krankheiten zu erkennen. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin «ACS Nano» publiziert.

Schneller und kostengünstiger

Es handelt sich um diese Krankheiten: Chronisches Nierenversagen, Parkinson (idiopathisch oder atypisch), Multiple Sklerose, Morbus Crohn, Dickdarmentzündung, Reizdarmsyndrom, Hypertonie, Präeklampsie, Tumore (Kopf-Hals, Lunge, Darm, Blase, Niere, Prostata, Magen, Eierstock).
Das Verfahren könnte die Diagnostik revolutionieren. Denn Atemanalysen sind schneller und kostengünster und für die Patienten angenehmer als etwa Blutabnahmen, Röntgen oder Gewebeproben. 

Individueller «Breathprint»

Studienleiter Hossam Haick vom Technion Israel Institute of Technology hat dafür weltweit mit Forschungsstätten kooperiert. Die Wissenschaftler entdeckten, dass jede Krankheit einem individuellen Breathprint zuzuordnen war, der sich in 13 chemischen Komponenten unterschied. 
Die Methode ermöglichte es auch, zwei Krankheiten auf einmal zu identifizieren. Die Forscher gehen davon aus, dass die Ähnlichkeiten in der Zusammensetzung es Atems auch Rückschlüsse auf eine ähnliche Pathophysiologie zulassen.
Die Atemproben stammten von über 1'400 Menschen aus Israel, Frankreich, den USA, Lettland und China. 
Studie:
Hossam Haick et al.: «Diagnosis and Classification of 17 Diseases from 1'404 Subjects via Pattern Analysis of Exhaled Molecules» - in: «ACS Nano», 21. Dezember 2016
Siehe auch: 
«Krankheiten am Atem erkennen» - «Medinside», 1. Dezember 2015
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