«Wie bewerten Sie die Fähigkeit ihres Arztes zuzuhören?» «Hat der Gynäkologe während der Untersuchung Bemerkungen zu Ihrem Äusseren gemacht?» «Hatten Sie während der Behandlung Schmerzen?» «Waren die Informationen verständlich, die Sie erhalten haben?» «War die Ärztin alternativen Behandlungsmethoden gegenüber offen?»
Klare Fragen, auf die es entweder ein Ja oder ein Nein gibt. Diese und eine Reihe weiterer Fragen können Frauen nun auf dem Portal
«Adopte une gynéco» im Zusammenhang mit ihrem Gynäkologen beantworten. Sie zielen weniger auf die Qualität der medizinischen Behandlung als auf den Umgang, den die Mediziner mit ihren Patientinnen pflegen.
«Weisse Liste» für die Romandie
Ziel ist es, aus den Rückmeldungen eine Liste der Gynäkologinnen und Gynäkologen zu etablieren, welche ihre Patientinnen respektvoll behandeln und uneingeschränkt empfohlen werden können. Derzeit finden sich über 30 Mediziner aus Westschweizer Kantonen auf der Liste.
Es handelt sich explizit um eine «weisse» Liste mit «sicheren» Ärztinnen und Ärzten. Nur schon aus juristischen Gründen sollen keine Gynäkologen denunziert werden. So sind die Kommentare, die publiziert werden, ausschliesslich positiv. Der Fragebogen wird online ausgefüllt und vor der Publikation bearbeitet; die Patientinnen bleiben anonym.
Französisches Vorbild
Die Initiative stammen vom Lausanner Feministinnenkollektiv
Feminista, welches 2009 gegründet wurde und für Gleichberechtigung kämpft. Hintergrund ist, dass Frauen laut Feminista «zu häufig» schlechte Erfahrungen mit Gynäkologen gemacht haben: So werden viele aufgrund ihres Alters, ihres Gewichts und ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert oder aufgrund von Äusserlichkeiten beurteilt.
Das Portal orientiert sich optisch und inhaltlich an der französischen Liste
«Gyn&Co», welche in innert kurzer Zeit einen hohen Bekanntheitsgrad erreichte.
50 Fragebögen pro Woche
Die Initiantinnen des Portals werden laut der Zeitung
«Le Courrier» mit ausgefüllten Fragebogen überhäuft. Woche für Woche gehen mindestens 50 Qualifikationen ein. «Wir nehmen uns Zeit, um jeden Fragebogen zu analysieren», sagt Aude Bertoli von Feminista.
Abgesehen von den namentlichen Empfehlungen liefern die Kommentare Hinweise über die Bedürfnisse, die Frauen in der gynäkologischen Praxis haben. Lobend erwähnt werden Ärzte, die ihren Patientinnen einen Pareo oder ein Hemd anbieten, damit sie sich während der Untersuchung bedecken können. Andere ermöglichen die Selbstuntersuchung mit einem Spiegel. Es gibt auch Praxen, welche auf übergewichtige oder lesbische Frauen spezialisiert sind.