Corona und IPS: «Von Altersdiskriminierung kann keine Rede sein»

Die Triage-Entscheidungen auf Intensivstationen geben Anlass zu intensiven Diskussionen. Nun wollen die Verantwortlichen die Covid-19-Pandemie aufarbeiten.

, 17. April 2020 um 07:40
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Die Anspannung bei den Ärzten war vor einigen Wochen noch deutlich zu spüren: Sie standen angesichts der Corona-Pandemie vor schwierigen ethischen Entscheidungen. Wer soll an die (knappen) Beatmungsgeräte angeschlossen werden? Die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) und die Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) veröffentlichten für dieses Dilemma spezielle Richtlinien für Triage-Entscheidungen auf Intensivstationen.
«Glücklicherweise hat sich die Situation in der Schweiz bisher nicht so stark zugespitzt, dass die Richtlinien zur Anwendung kamen», teilt die SAMW jetzt mit. Bisher konnten die befürchteten Engpässe in den Schweizer Spitälern vermieden werden. Gründe sind laut den beiden Fachorganisationen Massnahmen wie Beschränkungen von Wahleingriffen und die rigorosen Einschränkungen des gesellschaftlichen Lebens.

Richtlinien sind für Fachpersonen bestimmt

Seit Veröffentlichung werden die publizierten Triage-Richtlinien breit und intensiv diskutiert und haben bei den Verantwortlichen zu zahlreichen Rückmeldungen geführt. Grundsätzlich wurden sie als rasche und konkrete Hilfestellung begrüsst, aber auch von kritischen Stimmen und – je nach Betroffenheit der Absender sehr unterschiedlichen – Änderungswünschen begleitet, wie die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften mitteilt. 
Öffentlich wurden die Verantwortlichen unter anderem mit dem Vorwurf der «Altersdiskriminierung» konfrontiert. Und dies, obwohl die Richtlinien ausdrücklich festhalten, dass das Alter per se kein Triagekriterium sei. Zwar seien die Richtlinien für Fachpersonen und nicht für medizinische Laien bestimmt, dennoch scheine eine Klärung dieser Frage nun sinnvoll, schreiben die Verfasser der Richtlinien.

Auch ältere Patienten werden bevorzugt behandelt

«Bei den hochaltrigen Patienten zeigen die Daten nicht nur in Bezug auf Covid-19, sondern für intensivmedizinische Indikationen generell, eine schlechtere Überlebenschance». Dies schliesse aber nicht aus, dass es ältere Patienten gebe, die gesünder seien als jüngere und im Fall einer nötigen Triage bevorzugt behandelt würden, steht in der Stellungnahme zu lesen. 
Gestützt auf die Richtlinien würde laut den Verantwortlichen nie allein aufgrund eines Kriteriums bei einem Patienten entschieden. Der Entscheid müsse immer in Relation stehen zur Prognose-Einschätzung der anderen Patienten, die auf eine intensivmedizinische Behandlung angewiesen seien. Die Liste der Kriterien präsentiere sich lang und von einer «Altersdiskriminierung» könne keine Rede sein.

Die Debatte breit führen

Auf Grund der aktuellen Situation sind die SAMW und die SGI zu folgendem Schluss gekommen: Eine zeitnahe Aktualisierung der Triage-Richtlinien sei nicht erforderlich. Vielmehr müssten im Rahmen einer umfassenden Aufarbeitung der Covid-19-Pandemie nun die eingegangenen Rückmeldungen sorgfältig geprüft werden. Dies, um zu entscheiden, inwiefern die Richtlinien Anpassungen erfahren beziehungsweise ob sie in Kraft bleiben. Dabei sollen auch Resultate dieser aktuell laufenden Online-Umfrage in die Beurteilung einfliessen. 
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