USA: Ausländische Ärzte tun der Qualität gut

Wenn Mediziner mit einem internationalen Abschluss Patienten betreuen, ist die Mortalität tiefer als bei Kollegen mit US-Abschluss: Dies besagen neue Daten aus Harvard.

, 3. Februar 2017 um 09:00
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Es dürfte ja Zufall sein, dass das «British Medical Journal» das Communiqué gerade jetzt online setzt (der Zeitraum zwischen Annahme und Publikation der Studie ist allerdings sehr  kurz).
In den Amerika zu reden geben dürfte die Sache auf jeden Fall. Denn immerhin sorgen der «Muslim Ban» und die Mauerpläne von Donald Trump auch in der US-Gesundheitsversorgung für Erregung. Und es gab spektakuläre Fälle, wo Spitäler plötzlich auf einen Arzt verzichten mussten, weil dieser mit einem falschen Pass im Flugzeug sass.
Jedenfalls: Erstmals hat ein Forscherteam die Qualitäts-Unterschiede zwischen internationalen und heimischen Medizin-Absolventen in den USA statistisch untersucht. Und heraus kam Erstaunliches – auf den ersten Blick zumindest.


Dabei hatte ein Team der Harvard University mehr als 44’000 Allgemeinmediziner respektive Internisten erfasst; knapp die Hälfte davon hatten ihren Abschluss im Ausland erworben. Untersuchungsobjekt: Daten von rund 1,2 Millionen Patienten im Alter von 65 Jahren und älter. Die Beobachtungen umfassten den Zeitraum von Januar 2011 bis Dezember 2014. 
Das sind die wichtigsten Resultate:
Sterblichkeitsrate (30-Tage-Mortalität)
  • in den USA studiert: 11.9 Prozent (66’250 von 557’925)
  • im Ausland studiert: 11 Prozent (72’269 von 657’565)
  • Gesamt: 11.4 Prozent
Zu einem ähnlichen Schluss gelangen die Wissenschaftler, wenn krankheits-, ärzte- und spitalspezifische Aspekte «herausgerechnet» wurden. Zum Beispiel wiesen Patienten der «internationalen Gruppe» mehr chronische Erkrankungen auf. Der Grund: Es handelte sich vorwiegend um Medicare-Empfänger –  und damit häufiger um ältere Personen oder Menschen mit angeborener Krankheit.
Rückfälle (30-Tage-Readmission)
  • in den USA studiert: 14,8 Prozent (80’066 von 542’607)
  • im Ausland studiert: 16 Prozent (102’173 von 639’661)
  • Gesamt: 15,4 Prozent

adjustierte Risiko


Kosten pro Patient
  • in den USA studiert: 1’098 Dollar
  • im Ausland studiert: 1’145 Dollar

Was steckt dahinter?

Interessant ist vor allem folgende Feststellung: Haben Ärzte im Ausland studiert, ist die Patienten-Sterblichkeitsrate tiefer als bei Absolventen einer US-amerikanischen Medical School. Anders ausgedrückt: Internationale Ärzte sind offenbar keineswegs schlechter qualifiziert. 
Eine mögliche Erklärung ist laut den Autoren der Zulassungsprozess für internationale Absolventen in den USA. Die Forscher vermuten, dass die Hürden für Absolventen, die ausserhalb der USA Medizin studiert hatten, «angemessen hoch» angesetzt sind. Die USA beschäftigt hauptsächlich Ärzte aus Indien, von den Philippinen oder aus Pakistan.

Beruhigungspille für Politiker

So wähle die USA im Schnitt die besten jeweiligen Ärzte vom Ausland aus, so die Wissenschaftler weiter. Auch in den USA behaupten Kritiker immer wieder, dass die Hürden für im Ausland studierte Ärzte zu tief angesetzt seien.
Die Forscher wollen gleichzeitig festhalten, dass es sich um eine Beobachtungsstudie handelt. Es könnten deshalb keine festen Schlussfolgerungen über die Ursachen und Wirkungen gezogen werden. 
«Trotzdem deuten die Ergebnisse darauf hin, dass das Auswahlverfahren für die Ärztezulassung in den USA eine hinreichend hohe Qualität in der Medizin gewährleistet», steht in der Studie. Politiker könnten demzufolge beruhigt sein, so das Fazit der Forscher.
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