Thierry Carrel: Die Hälfte der Ärzte ist falsch ausgewählt

Auch der Herzchirurg äussert deutliche Kritik an der Selektion von Nachwuchs-Medizinern.

, 15. Januar 2016 um 09:07
image
  • ausbildung
  • numerus clausus
  • thierry carrel
Dass für den Ärzte-Nachwuchs die falschen Leute ausgewählt werden – dieser Vorwurf gehört eng zu jeder Debatte über Numerus Clausus und Medizinstudium. 
Stimmen wie Bildungsökonom Beat Sottas, Gesundheitspolitikerin Ruth Humbel oder Ärzte-Funktionär Jacques de Haller kritisierten mehrfach, dass bei der «Aussiebung» im und vor dem Studium beispielsweise die Sozialkompetenz unbeachtet bleibt, dass für Hausärzte wichtige Eigenschaften zu kurz kommen – und dass letztlich eher Forscher und Naturwissenschaftler herangezogen würden. 
In ein ähnliches Horn stösst nun auch Thierry Carrel. Der bekannte Herzchirurg äusserte sich am Wirtschaftssymposium in Aarau – Thema: «Herausstechende Talente» – kritisch zu den Nachwuchsärzten im Land. 
Der Arztberuf verlange die Bereitschaft zu ausserordentlichen Einsätzen, so Carrel laut der «Aargauer Zeitung»; und diese Bereitschaft vermisse er teilweise bei den Medizinern der jungen Generation. 

«Leute, die von Anfang an begeistert sind»

Der Direktor der Berner Universitätsklinik für Herz- und Gefässchirurgie kritisierte denn auch das Selektionsverfahren in der Schweiz. Die Softfaktoren würden bei künftigen Medizinstudenten zu wenig berücksichtigt, sagte Thierry Carrel: «50 Prozent sind falsch ausgewählt.» 
Man benötige in diesem Beruf «Leute, die von Anfang an begeistert sind» – und in der heutigen Realität vermisse er teils das Funkeln in den Augen. 
Dabei genüge auch dies allein nicht: «Es gibt auch begeisterte Leute, die nicht geeignet sind.» Bewerber, die in Carrels Klinik angestellt werden möchten, müssten folglich in Gesprächen mit bis zu sechs verschiedenen Personen überzeugen.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Abschaffung des NC? «Finden wir nicht gut»

Dass der Numerus Clausus abgeschafft wird, stösst bei Medizinstudenten auf wenig Begeisterung. Sie fürchten Qualitätseinbussen.

image

Überraschende Rechnung: Medizinstudium soll viermal günstiger sein

Hat die Politik bislang mit falschen Zahlen gerechnet? Eine Analyse des Verbandes der Schweizer Medizinstudierenden Swimsa deutet darauf hin.

image

So reagieren die Universitäten aufs Ende des Numerus Clausus

Weil der Einstiegs-Test abgeschafft wird, suchen die Universitäten Alternativen. 2025 finden die NC-Prüfungen aber noch wie geplant statt.

image

Das Ende des Numerus Clausus ist beschlossen

Trotz Widerstand von Bundesrat Guy Parmelin setzt das Parlament auf eine Alternative zum NC für angehende Schweizer Ärzte.

image

«Der Numerus Clausus muss weg»

Seit Jahren fordern Ärzteverbände und Politiker die Abschaffung des NC. Nun könnte es sich konkretisieren.

image

FaGe-Lehrstellen: Fast alle konnten besetzt werden

Für FaGe-Lehrlinge gilt es seit dieser Woche ernst, sie haben mit ihrer Ausbildung begonnen. In einer Medinside-Umfrage zeigen sich die befragten Spitäler zufrieden – fast alle Lehrstellen konnten besetzt werden.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.