Tarmed: Ärzte wollen weiterverhandeln – Politiker machen Druck

Die FMH nimmt wieder Verhandlungen zur Revision des ambulanten Tarifs auf. Derweil fordern wichtige Parlamentarier neue Gesetze: Der Bund soll aktiver eingreifen können in die Ärztetarife.

, 8. September 2016 um 08:05
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Die FMH-Spitze hat von den Delegierten ein weiteres Mandat zur Aushandlung eines neuen Tarmed-Tarifs erhalten. Nachdem der erste Entwurf, erarbeitet mit H+, den Unfallversicherern und Curafutura, im Sommer in der FMH-Urabstimmung gescheitert war, soll nun früh die Basis gesichert werden. «Wir suchen zuerst intern unter den verschiedenen Fachgesellschaften einen breiten Konsens», sagte FMH-Vorstandsmitglied Urs Stoffel gegenüber der «Neuen Zürcher Zeitung»
Die interne Einigung soll bis Frühjahr 2017 abgeschlossen sein, danach will die FMH die Verhandlungen mit den Tarifpartnern wieder aufnehmen.
Zeitgleich meldete sich eine gewichtige Stimme des Parlaments zu Wort, oder genauer: Die Finanzdelegation der Räte winkte gestern mit dem Zaunpfahl.

«Ernüchtert»

Man wolle «die gesetzlichen Kompetenzen des Bundes im Bereich der Revision der Tarifstruktur Tarmed stärken, sollten sich die Tarifpartner nicht auf eine Revision der heutigen Struktur einigen können», so die Mitteilung aus dem Bundeshaus. Die Blockade zwischen den Tarifpartnern sei ein Hauptproblem bei den Gesundheitskosten. Und heute müsse man – «ernüchtert» – feststellen, dass in den vergangenen Jahren kaum Fortschritte zu verzeichnen waren.
Eine stärkere Rolle des Bundes und eine Ausweitung der Regierungskompetenzen sei im Bereich Tarmed «unbedingt erforderlich». Dies soll jetzt in Angriff genommen werden.
Was heisst das? Kurzfristig wenig. Immer noch gilt die Aufforderung von Gesundheitsminister Alain Berset, bis Ende Oktober eine neue Tarifstruktur zu schaffen oder wenigstens teilweise Tarifanpassungen zu beschliessen. Danach wird das Bundesamt für Gesundheit selber aktiv und der Landesregierung Anpassungen zur Genehmigung vorlegen.

Jetzt wird es grundsätzlich

An diesem Ablauf lassen die EDI-Vertreter keinen Zweifel. Da aber das BAG selber wieder viel Grundlagenarbeit machen müsste, könnten die Tarifpartner selber noch früh genug mit einem eigenen, akzeptablen Modell kommen – auch wenn die Verhandlungen, wie die FMH es nun anstrebt, erst im Frühjahr 2017 beginnen.
Der Vorstoss der Finanzdelegation zielt also aufs Grundsätzliche: nämlich auf die Schaffung eines gesetzlichen Zustandes, der raschere Eingriffe des Bundes zulässt, falls die Blockade anhält beziehungsweise falls es später zu ähnlichen Zuständen kommen sollte.
«Angesichts des Unvermögens der Branche, sich zusammenzuraufen, sind inzwischen auch Bürgerliche bereit, Schritte in Richtung „Staatsmedizin“ zu unternehmen», kommentiert die «Berner Zeitung» den aprupten Vorstoss aus dem Bundeshaus. Allerdings sei die Sache wohl auch stark taktisch geprägt: Die Politiker wollen den Druck auf Kassen und Ärzte hoch halten. 
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