Spielen auf der Station fördert den Teamgeist

Miteinander reden, voneinander lernen: Speziell fürs Gesundheitswesen entwickelte Brettspiele sollen die Kommunikation unter Pflegefachpersonen und Ärzten verbessern.

, 5. September 2017 um 06:54
image
  • arbeitswelt
  • trends
  • patientensicherheit
  • pflege
Activity, Monopoly, Eile mit Weile: Die meisten Leute kennen Gesellschaftsspiele von der eigenen Kindheit oder den eigenen Kindern. Je älter sie werden, desto mehr verkümmert der Spieltrieb. Im Berufsalltag hat er schon gar keinen Platz. 
Warum eigentlich? Der Wille zu siegen und der Respekt vor Regeln lässt sich nirgends besser erlernen als beim Spielen. Ganz abgesehen von anderen Kernkompetenzen, die es im Leben braucht, etwa die Fähigkeit zu warten, zu teilen oder zu fokussieren. Auch wird Teamgeist nirgends so gefördert wie im Spiel. 
Die Wirtschaft hat das längst erkannt. Unternehmen schicken ihre Kader in Paintball-Hallen, zu Mal-Workshops und Orientierungsläufen. In Spitälern oder Gesundheitszentren sind solche teamfördernden Events kaum verbreitet, wohl aus Zeitgründen. Dabei ist ein einvernehmliches Miteinander nirgends so wichtig wie in Teams, in denen es um Leben und Tod geht.  

Erhöhung der Patientensicherheit

Aus dem angelsächsischen Raum bieten sich zeit- und kostensparende Varianten von Spielen an, die speziell für Gesundheitsprofis entwickelt worden sind: Brettspiele, die nicht einmal 100 Franken kosten und zwischen 30 und 60 Minuten dauern. In dieser Zeit erfahren die Spieler nicht nur viel über sich selbst und die Kollegen, sie können auch noch Fachwissen aneignen. 
Einige Spiele sind auf Anregung des Nationalen Gesundheitsdiensts NHS England entstanden, entwickelt wurden sie vom britischen Spieleentwickler Focus Games. Viele Inputs kamen offenbar auch direkt von Beschäftigten. Die Brettspiele sind auf Englisch erhältlich und werden über den Online-Shop auch in der Schweiz vertrieben. Hier eine Auswahl:

Blutvergiftung bewältigen: «Sepsis»

image
Spiel Sepsis (Bild: Focus Games)
Der UK Sepsis Trust und NHS England entwickelten das Spiel «Sepsis» für den richtigen Umgang mit Blutvergiftungen. Es soll dazu dienen, die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu verbessern. 
Die Spieler erhalten zwei Kartendecks: Eines enthält grundlegende medizinische Fragen, das andere spezifische Fragen zum Thema Blutvergiftung, deren Diagnose und Behandlung und wie das Teamwork effizient gestaltet werden kann. Das Spiel fördert die Kommunikation. 

Abläufe verbessern: «Hospital»

image
Spiel «Hospital» (Bild: Focus Games)
Das interaktive Brettspiel zeigt die Bewegungsmuster von Patienten auf. Es soll helfen, Prozesse und Abläufe zu diskutieren, zu klären und effizienter zu machen und damit auch das Teamwork zu verbessern. 
Die Spieler nehmen über Badges verschiedene Rollen ein, spielen mal Pflegefachperson, mal Assistenzarzt, mal Direktor. Ziel ist es, die Behandlungen effizienter zu machen und die Mitglieder eines Teams zum Kommunizieren zu animieren. 

Verständlich sprechen: «Dr. Jargon»

image
Spiel «Dr. Jargon» (Bild: Focus Games)
Medizinische Gebrauchsanweisungen sind häufig gespickt mit Fachbegriffen. Auch haben Ärzte häufig Mühe, den Patienten Erklärungen abzugeben, die diese auch verstehen. Patienten sind eingeschüchtert und trauen sich nicht nachzufragen. 
Das Spiel «Dr. Jargon» soll dazu beitragen, die Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten zu verbessern. Wer etwa eine Karte mit dem Wort Migräne (Migraine) zieht, findet auf der Rückseite fünf Vorschläge, wie das Wort vermieden und umschrieben werden kann. 
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

KSW: Das Spitalradio Winterthur ist Geschichte

Nach 46 Jahren ist Schluss: Aus Platzgründen kann das Radio-Angebot im Kantonsspital nicht weiterbetrieben werden.

image

Arbeitszeiten: Das Modell 42+4 stösst in die Romandie vor

Das Spital Wallis und der VSAO haben eine Vereinbarung für einen neuen Gesamtarbeitsvertrag unterzeichnet. Die wöchentliche Arbeitszeit wird von 50 auf 46 Stunden gesenkt.

image

Temporär-Stopp: Einigkeit ist Sache des Einzelnen

Im Februar setzten die Zürcher Spitäler ein starkes Signal: Gemeinsam verzichte man künftig auf Temporär-Pflegepersonal, so die Botschaft ihres Verbands VZK. Nun wurde die Mitteilung zurückgezogen – womöglich aus juristischer Vorsicht.

image

So geht Weltklasse-Werbung im Gesundheitswesen

Am Festival von Cannes wurden wieder internationale Top-Kampagnen gekürt. Hier eine Auswahl an starker Werbung aus dem Gesundheitsbereich.

image

Der häufigste «Käfer» in Heimen: Harnweg-Infekt

Blasenkatether sind die Ursache für die häufigste Infektion in Schweizer Alters- und Pflegeheimen. Der Bund will vorbeugen.

image

Neues Konzept: Wohnzimmer-Betreuung statt Spitalpflege

Die alternden Babyboomer müssten unbedingt zu Hause leben können, findet der Gesundheitsökonom Heinz Locher. Er fordert mehr Betreuung statt Pflege.

Vom gleichen Autor

image

Pflege: Zu wenig Zeit für Patienten, zu viele Überstunden

Eine Umfrage des Pflegeberufsverbands SBK legt Schwachpunkte im Pflegealltag offen, die auch Risiken für die Patientensicherheit bergen.

image

Spital Frutigen: Personeller Aderlass in der Gynäkologie

Gleich zwei leitende Gynäkologen verlassen nach kurzer Zeit das Spital.

image

Spitalfinanzierung erhält gute Noten

Der Bundesrat zieht eine positive Bilanz der neuen Spitalfinanzierung. «Ein paar Schwachstellen» hat er dennoch ausgemacht.