Sind Tausende Medtech-Jobs in der Schweiz gefährdet?

Das Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union stellt auch die Medtech-Branche vor Herausforderungen. Dies zeigt das Beispiel eines Medizinprodukte-Herstellers aus dem Kanton Aargau.

, 29. November 2019 um 10:45
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Per Ende Mai 2020 tritt die neue Medizinalprodukteverordnung in Kraft. Firmen in der Schweiz laufen nun Gefahr, ihren Zugang zum EU-Binnenmarkt zu verlieren. Der Grund: Das Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) wurde noch nicht ratifiziert. 
Das heisst: Die Unternehmen müssten die Zertifizierung ihrer Leistungen über eigene Bevollmächtigte in der EU beschaffen – und dort auch die Zulassungsverfahren durchlaufen. Bislang erfolgte die Produkte-Zulassung unter dem Mutual Recognition Agreement (MRA).

Produktionsverlagerung mit Jobverlust

Das noch nicht ratifizierte Rahmenabkommen kann auch für Firmen in der Medizinaltechnik ein ernsthaftes Problem darstellen. So sieht sich etwa die Firma Wernli mit Sitz im Aargau nun gezwungen, einen bedeutenden Teil der Produktion nach Ungarn zu verlagern, wo die Produkte heute schon verpackt werden. 
Die kleine Firma, die Verbandstoffe und medizinische Textilien herstellt, streicht 25 Arbeitsplätze, die Hälfte der Belegschaft. «Unsere Produkte gehen zu 80 Prozent in die EU – ohne automatische Anerkennung macht es für uns viel weniger Sinn, in der Schweiz zu produzieren», sagt Inhaber Felix Schönle den Zeitungen von «CH Media». 

«Mehrere 1 000 Arbeitsplätze sehr konkret gefährdet»

Ob und wie viele weitere Medtech-Unternehmen davon betroffen sind, ist schwierig abzuschätzen. Die Schweizer Medtech-­Branche zählt rund 60'000 Angestellte und macht jährlich gegen 16 Milliarden Franken Umsatz. Zwei Drittel davon stammt aus dem Export.
Unternehmer Felix Schönle sieht sich nicht als Einzelfall. Für ihn ist klar: «Bei mir sind es 25 Stellen, in der Schweiz sind aber mehrere 1 000 Arbeitsplätze sehr konkret gefährdet», sagt der Inhaber und CEO der Firma Wernli.
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