Seltene Krankheiten: Bundesrat veröffentlicht Bericht

Mehr als eine halbe Million Menschen leiden an einer seltenen Krankheit. Heute hat der Bundesrat einen Bericht betreffend deren Gesundheitsversorgung verabschiedet.

, 17. Februar 2021 um 09:00
image
Zystische Fibrose oder Phenylketonurie - mehr als 500'000 Menschen leiden hierzulande an einer seltenen Krankheit, deren Namen kaum jemand kennt. Viele davon haben genetische Ursachen. Daneben gibt es seltene Infektionen oder Autoimmunstörungen. Oft sind sie lebensbedrohlich oder ziehen eine chronische Invalidität nach sich. Viele treten bei Geburt oder im frühen Kindesalter auf, andere brechen erst viel später aus. Für die grosse Mehrheit der Erkrankungen besteht heute keine Aussicht auf Heilung.

Die Herausforderungen

Da die Krankheiten wegen ihrer Seltenheit wenig oder gar nicht bekannt sind, stossen die Leidenden oft auf Unverständnis. Dies kann einerseits zu einer sozialen Isolation und andererseits zu hohen Hürden im administrativen Bereich führen. Viele Betroffene wissen nicht, welche Hilfe angeboten werden und worauf sie Anspruch haben.  
Genau wie die Patienten sind auch die Ärzte geografisch weit voneinander entfernt: Wenn nur wenige Menschen an einer seltenen Krankheit leiden, gibt es auch nur wenig Fachwissen. Oft dauert es deshalb manchmal Jahre oder Jahrzehnte bis zur richtigen Diagnose. Vorhandene Behandlungs- und Versorgungsangebote ausfindig zu machen, ist oft schwierig. Anerkannte Therapien gibt es kaum, und auch diese beschränken sich oft auf die Bekämpfung der Symptome.

Bericht des Bundesrates

Eine Krankheit gilt als selten, wenn sie höchstens fünf von 10'000 Menschen betrifft und lebensbedrohlich oder chronisch einschränkend ist. Die Versorgung und Integration von Menschen mit seltenen Krankheiten stellt das Schweizer Gesundheits- und Sozialversicherungssystem vor besondere Herausforderungen. 
Der Bundesrat hat diesbezüglich einen Bericht erstellt, in dem er aufzeigt, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, um eine angemessene Gesundheitsversorgung dieser Menschen sicherzustellen. Dieser wurde heute Mittwoch, 17. Februar, vom Bundesrat an seiner Sitzung genehmigt.

Versorgung und Information im Vordergrund

Der Bericht geht zurück auf ein Postulat der nationalrätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK-N). Er prüft die erforderlichen gesetzlichen Anpassungen und finanziellen Rahmenbedingungen, um die Versorgung im Bereich der seltenen Krankheiten zu verbessern.
Wie aus dem Communiqué hervorgeht sind die Versorgung und eine angemessene Information von Menschen mit seltenen Krankheiten und Gesundheitsfachpersonen besonders wichtig. Der Bundesrat erachtet die Schaffung spezialisierter Strukturen für die angemessene Versorgung von Menschen mit seltenen Krankheiten als notwendig und begrüsst die bisher geleistete Arbeit der Nationalen Koordination seltene Krankheiten (Kosek) und der zuständigen Leistungserbringer. 
Die Kosek hat im Jahr 2020 eine erste Liste mit anerkannten, krankheitsübergreifenden Diagnosezentren publiziert. Referenzzentren mit angeschlossenen Netzwerken werden hinzukommen. Am Anerkennungsprozess, der von der Kosek koordiniert wird, sind die Leistungserbringer und Kantone beteiligt. Ob der auf Freiwilligkeit beruhende Prozess gelinge, werde sich herausstellen, so der Bundesrat. Falls nicht, müsse geprüft werden, ob es einer gesetzlichen Grundlage auf Bundesebene bedarf.

Information für Betroffene

Menschen mit seltenen Krankheiten und Gesundheitsfachpersonen sind auf medizinische, aber auch rechtliche, administrative, soziale, schulische und berufliche Informationen angewiesen. Der Bericht stellt fest, dass es beispielsweise den Patientenorganisationen an den finanziellen Mitteln fehlt, um die Informationen aufzubereiten und zu verbreiten. Der Bundesrat schlägt vor zu prüfen, ob und wie eine rechtliche Grundlage für die Finanzierung der Beratungs- und Informationstätigkeit von Patientenorganisationen geschaffen werden soll.
Das Portal für seltene Krankheiten finden Sie hier. 
Artikel teilen

Loading

Comment

2 x pro Woche
Abonnieren Sie unseren Newsletter.

oder

Mehr zum Thema

image

Was kostet der Leistungsausbau? Keine Ahnung

Was sind die finanziellen Folgen des Leistungsausbaus in der Grundversicherung? Der Bundesrat will das nicht wissen.

image

USB: Neue Chefärztinnen der Klinik für Infektiologie

Zugleich wird die Klinik umbenannt: Die Spitalhygiene fällt aus dem Titel.

image

Endokrinologie und Infektiologie: Teamwork von Zürich und Dresden

Die TU Dresden, die ETH und die Universität Zürich starten eine enges Forschungsprojekt zu Infektionsmedizin und zur Erforschung von Stoffwechselprozessen.

image
Gastbeitrag von Andri Silberschmidt

Digitalisierung: Jetzt können wir die PS auf den Boden bringen

Wenn es um Digitalisierung geht, wird zuviel über Fax und EPD diskutiert – und zu wenig über Prozesse. Höchste Zeit, das zu ändern.

image

Die Menschen fühlen sich so gesund wie vor Corona

Die Covid-Turbulenzen konnten der gesundheitlichen Selbstsicherheit von Herrn und Frau Schweizer wenig anhaben: Dies besagen neue Daten.

image

Beat Jans will Spitalplanung zur Bundesratssache machen

Er will den Kantonen die Spitalplanung abnehmen und die Medikamentenpreise senken: Die Pläne des neuen Bundesrats Beat Jans.

Vom gleichen Autor

image

Kinderspital verschärft seinen Ton in Sachen Rad-WM

Das Kinderspital ist grundsätzlich verhandlungsbereit. Gibt es keine Änderungen will der Stiftungsratspräsident den Rekurs weiterziehen. Damit droht der Rad-WM das Aus.

image

Das WEF rechnet mit Umwälzungen in einem Viertel aller Jobs

Innerhalb von fünf Jahren sollen 69 Millionen neue Jobs in den Bereichen Gesundheit, Medien oder Bildung entstehen – aber 83 Millionen sollen verschwinden.

image

Das Kantonsspital Obwalden soll eine Tochter der Luks Gruppe werden

Das Kantonsspital Obwalden und die Luks Gruppe streben einen Spitalverbund an. Mit einer Absichtserklärung wurden die Rahmenbedingungen für eine künftige Verbundlösung geschaffen.