CHUV: Aus Spenderstuhl wird Medizin

Das Universitätsspital Lausanne ist das erste Schweizer Spital mit Swissmedic-Zulassung zur Herstellung eines Medikaments aus Fäkalbakterien.

, 28. Januar 2025 um 09:03
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TMF-Medikament, das in einem speziellen Labor des CHUV hergestellt wird | Bild: CHUV GANGUILLET Apichat
Das Centre Hospitalier Universitaire Vaudois (CHUV) in Lausanne hat als erstes Schweizer Spital von Swissmedic die Zulassung zur Herstellung eines Medikaments für die fäkale Mikrobiota-Transplantation (FMT) erhalten.
Seit Dezember 2024 ermöglicht diese Therapie die Behandlung von Darminfektionen durch das Bakterium Clostridioides difficile.
Bei der FMT wird ein Teil der gesunden Darmflora eines Spenders in den Darm eines Patienten übertragen, um die geschädigte Mikrobiota zu modulieren. Die Behandlung steht Erwachsenen ab 18 Jahren zur Verfügung, die an mehrfach wiederkehrenden Infektionen mit Clostridioides difficile leiden, welche nach einer Antibiotikatherapie häufig wieder auftreten. Diese Infektion verursacht schwere Durchfälle, birgt ein erhöhtes Sterberisiko und führt oft zu Spitalaufenthalten.

Alternative zu Antibiotika

Das Medikament wird in Form von Kapseln oder als Suspension verabreicht, die über eine Nasensonde oder Koloskopie in den Darm gelangt. Es stellt eine wirksame Alternative zu Antibiotika dar, die allein häufig nicht ausreichen.
Laut dem CHUV konnten durch die FMT eine Heilungsrate von 95 Prozent erzielt werden – ein grosser Unterschied zu den 30 Prozent bei alleiniger Antibiotikatherapie. «Die schnelle Wirkung, quasi über Nacht, hat einen immensen Einfluss auf die Lebensqualität der Patienten», sagt Katerina Tatiana Galperine, Projektleiterin in der Abteilung für Infektionskrankheiten am CHUV.
Derzeit prüft das Bundesamt für Gesundheit (BAG), ob die Kosten der Behandlung von der Grundversicherung übernommen werden können. Bislang konnten jährlich etwa 50 Patienten dank einer befristeten Finanzierung des CHUV behandelt werden.
Galperine sieht grosses Potenzial: «Wir möchten den Zugang zu dieser Behandlung erweitern, da es keine ähnlich wirksame Alternative gibt.» Ziel sei es, die FMT künftig auch anderen Kliniken in der Schweiz zugänglich zu machen.
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Die Projektleiterinnen Tatiana Galperine (links) und Susanna Gerber

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