Anderer Patient, andere Infektion

Das Alter, der BMI und die Dauer der Operation beeinflussen die Zusammensetzung der Bakterien bei chirurgischen Wundinfektionen. Dies fanden Berner Mediziner heraus.

, 26. Juli 2024 um 08:31
image
Symbolbild: CDC / Unsplash
Chirurgische Wundinfektionen (beziehungsweise Surgical Site Infections, SSIs) entstehen meist durch Bakterien, die bei der Operation von der körpereigenen Flora der Patienten in die Wunde gelangen. Bestimmte Bakterien kommen nach bestimmten Operationen häufer vor. So treten sich Staphylokokken häufiger nach orthopädischen, herzchirurgischen und gefässchirurgischen Eingriffen auf – indes beschäftigen Enterokokken häufiger nach Bauchoperationen.
Auch Merkmale wie Alter, Übergewicht, Rauchen oder ein geschwächtes Immunsystem prägen das Risiko für für SSIs.
Eine Studie unter der Leitung des Inselspitals und in Kooperation mit Swissnoso ging nun diesen Zusammenhängen nach. Das Team unter Leitung von Guido Beldi, Chefarzt der Viszeralen Chirurgie am Inselspital, wollte patientenabhängige Faktoren identifizieren, welche die mikrobielle Zusammensetzung von SSIs beeinflussen.
Dazu analysierte es Daten von über 530’000 Patienten aus dem Infektions-Überwachungsprogramm von Swissnoso.
  • Sarah Peisl, Hugo Guillen-Ramirez, Daniel Sánchez-Taltavull, Andreas Widmer, Rami Sommerstein, Guido Beldi: «Influence of patient characteristics on microbial composition in surgical-site infections: insights from national surveillance study», in: «British Journal of Surgery», Juni 2024.
  • DOI: 10.1093/bjs/znae138.
Das Alter, der Body-Mass-Index und die Dauer der Operation erwiesen sich am Ende als die wichtigsten Faktoren für die mikrobielle Zusammensetzung von Wundinfektionen. Konkret haben speziell ältere Patienten mit niedrigem BMI und längeren Operationen ein höheres Risiko für Infektionen mit Darmbakterien – unabhängig davon, welche Operation durchgeführt wurde.
«Diese Erkenntnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, patientenbezogene Faktoren bei der Entstehung von Infektionen nach Operationen zu berücksichtigen», teilt das Inselspital mit. Damit eröffne sich die Möglichkeit, präzisere Strategien zur Vorbeugung und Behandlung von SSIs zu entwickeln – denn eine Anpassung der Vorbeugemassnahmen an das persönliche Risikoprofil könnte die Häufigkeit von Infektionen nach Operationen senken.
«Unsere Studienergebnisse haben mehrere Auswirkungen», sagt Guido Beldi: «Sie betonen, dass eine Vorbeugemassnahme wie eine Antibiotika-Prophylaxe individuell an das Risikoprofil der Patientinnen und Patienten angepasst werden sollte, um ihre Wirksamkeit zu maximieren. Die Resultate sind auch nach der Operation von Bedeutung: Auf Basis der Vorhersagemodelle könnte bei der Behandlung von Wundinfektionen eine frühzeitige gezielte Antibiotika-Gabe in Betracht gezogen werden, wenn die Ergebnisse von Kulturen nicht oder noch nicht verfügbar sind.»

  • swissnoso
  • infektiologie
  • Chirurgie
  • Inselspital
  • Forschung
Artikel teilen

Loading

Kommentar

Mehr zum Thema

image

Insel-Tumorzentrum wird zum University Comprehensive Cancer Center

Die Krebsforschung der Universität Bern und des Inselspitals werden zusammengeführt.

image

Viszeralchirurgie: Empa zeichnet Operations-Sensor aus

Die Technologie meldet schnell, wenn Operationsnähte im Inneren undicht werden.

image

Sinkende Impfbereitschaft beim Gesundheits-Personal – ein Backlash?

Impf-Experte Christoph Berger bemerkt, dass die Impfquote bei den Spitalangestellten wieder sinkt. Und hat einen Verdacht.

image

Schweizerin wird Präsidentin der Medizin-Hochschule Hannover

Wechsel von Marburg nach Hannover: Denise Hilfiker-Kleiner übernimmt die Leitung der MHH im Januar.

image

Robert-Bing-Preis an USZ- und EPFL-Neurowissenschaftler

Ausgezeichnet werden Susanne Wegener vom Universitätsspital Zürich sowie Alexander und Mackenzie W. Mathis von der EPFL.

image

Hohe Auszeichnung für CHUV-Forscher

George Coukos wurde in die U.S. National Academy of Medicine für Krebsforschung gewählt.

Vom gleichen Autor

image

Impfskepsis in der Pflege: Selbsterfahrung ist wichtig, Social Media unwichtig

Eine Umfrage in Finnland beleuchtet die Einstellung von Pflegekräften zu Covid- und Grippe-Impfungen – und zeigt, wo Kampagnen ansetzen könnten.

image

Pflege- und Ärztemangel: Rekordwerte bei offenen Stellen

Die Gesundheitsbranche bleibt führend bei der Suche nach Fachkräften. Laut dem neuen Jobradar steigen die Vakanzen in mehreren Berufen wieder – entgegen dem allgemeinen Trend auf dem Arbeitsmarkt.

image

Luzerner Kantonsspital gründet Virtual-Care-Equipe

Das Team soll den LUKS-Patienten unter anderem eine elektronische 24-Stunden-Betreuung, Hospital@Home-Angebote und Tele-Konsultationen bieten.