Herzleiden sind einer der grossen Volkskrankheiten. Sie enden unbehandelt nicht selten tödlich. Bei hochgradigen Koronarstenosen, bei starker Verengung einer oder mehrerer Koronararterien, schafft eine Perkutane transluminale Koronarangioplastie (PTCA) Abhilfe. Doch was, wenn keine Einrichtung mit ausgebildeten Operateuren in der Nähe ist? Das kann in Ländern mit schwach entwickelter Gesundheitsversorgung der Fall sein - oder aber auch in Ländern mit verzweigten, bergigen Tallandschaften wie es sie in den Schweizer Alpen gibt.
In Indien wurde nun erstmals ein Verfahren am Menschen getestet, bei dem die PTCA aus der Ferne durchgeführt wurde. Sprich: Vor Ort wurde Roboter gestützt operiert - die operierende Person sass aber über 20 Kilometer entfernt vor einem Bildschirm. Die Studie zu den fünf ersten solchen Eingriffen wurde jetzt in der renommierten Fachzeitschrift «The Lancet» publiziert.
Vorteile durch den Roboter
Roboter assistierte PTCA werden seit dem Jahr 2011 erfolgreich durchgeführt. Dadurch konnte die Strahlenbelastung der operierenden Person reduziert werden. Trotz Assistenz eines Roboters ist die Operateurin aber normalerweise in der Nähe des Patienten. Dies aber in einer separaten, bleiverkleideten Kabine. So muss die operierende Person selbst keinen Bleimantel tragen. Dadurch sollen orthopädische Leiden vermieden werden, die durch das häufige Tragen der schweren Schutzmäntel ausgelöst werden können. Durch die Assistenz des Roboters konnte gemäss «The Lancet» zudem die Präzision der Eingriffe sowie die Genauigkeit und Präzision der Messung von Läsionsgrösse, Stent-Länge und die Stent-Positionierung verbessert werden.
Im Bestreben, auch aus der Distanz operieren zu können, haben amerikanische Forscherinnen und Forscher das «Telestenting» erst an Schweinen ausprobiert. Sie operierten die Tiere in einem Zuchtbetrieb aus 166 Kilometer Entfernung.
Operationen geglückt
Die Autoren der nun im «Lancet» publizierten Studie machten nun dasselbe an Menschen. Dabei ging es vor allem darum, zu schauen und zeigen, ob und dass das möglich ist. Ein einziger Operateur führte dazu in Indien PTCA an fünf Patienten durch, die jeweils rund 20 Kilometer entfernt in einem Operationssaal lagen.
Dabei wurde eine CorPath-GRX-Plattform mit zuverlässigen Netzwerkgeräten (LAN/MAN/WAN-Konnektivität) sowie einem fortschrittlichen audiovisuellen Telekommunikationssystem verwendet, das zwischen die beiden Robotic Control Workstations geschaltet war, schreiben die Studienautoren.
Die «First-in-Human»-Studie gelang. Die Eingriffe waren erfolgreich. Voraussetzung dafür seien eine zuverlässige Netzwerkverbindung und die nötige Technik am Ort des Eingriffs. Im Rahmen der Studie standen vor Ort Operationsteams bereit, um in Falle von Problemen übernehmen zu können. Sie wurden aber nicht gebraucht.
Auch bei Schlaganfällen möglich
Die Studienautoren sehen «unzählige Möglichkeiten für die ferngesteuerte Behandlung mittels CAD in unterentwickelten Ländern oder in ländlichen Gebiet, wo es keinen direkten Zugang zu einer Operateurin oder einem lokalen Krankenhaus gibt, das auf Herz-Kreislauf-Notfallversorgung spezialisiert ist. Es seien ebenfalls Anwendung in anderen Disziplinen möglich - insbesondere im Rahmen der Behandlung von Schlaganfällen.
Die gesamte Studie findet sich hier.