Wer eine Krankheit hat (oder glaubt, eine zu haben), der schreibt heute seine Symptome einfach in die Internet-Suchmaschine. Dann stösst er einerseits auf medizinische Fachseiten, andererseits auf populärwissenschaftliche und journalistische Service-Beiträge. Und drittens: Er landet sogleich auf Diskussionsforen, in denen sich andere Betroffene über exakt das beschriebene Symptom austauschen.
Solche Foren wie
«Gesundheitsfrage» oder
«Med1» oder
«Gute Frage» streuen quasi die Volksweisheiten und Kräuterlehren des 21. Jahrhunderts. Sie sind folglich auch enorm einflussreich.
HIV, Diabetes, Windpocken
Werden sie damit auch gefährlich? Dieser Frage ging nun ein Wissenschaftler-Trio der Forschungs-Universität Royal Holloway in London nach: Jennifer Cole, Chris Watkins und Dorothea Kleine klickten auf drei grosse Diskussionsforen zu alltagsmedizinischen Fragen, um dort die Debatten und Vorschläge zum Thema HIV, zum Thema Diabetes und über Windpocken zu verfolgen.
Dann legten sie die gefundenen Antworten und Tipps diversen Ärzten vor, mit der Bitte, die Qualität der medizinischen Aussagen einzuschätzen.
Wie präzise waren die erhältlichen Antworten? Wie vollständig? Wie sensibel? Wie würden die Fragesteller vermutlich handeln? Und als wie nützlich seien die Laien-Antworten einzuschätzen? Dies die Punkte, welche die Profis einzuschätzen hatten.
Meistens gut, nie schlecht
Das Ergebnis lässt nicht nur aufatmen – es verblüfft geradezu. Es sei eine regelrechte Herausforderung gewesen («a real challenge»), genügend Beispiele für genuin inakkurate Informationen zu finden.
Oder direkt formuliert: Die Gesundheits-Antworten auf Sites wie «Reddit», «Mumsnet» und «Patient» waren meistens gut – und wo die Antworten beziehungsweise Debatten unpräzise waren, enthielten sie doch kaum je schlechte Ratschläge.
Konkret: 25 der 78 beurteilten Medizin-Laien-Chats erhielten die höchsten Noten – und lediglich drei wurden in die tiefste Noten-Kategorie gesetzt.
«Dies lässt vermuten», so die Autoren in der Conclusion, «dass Forums-Webseiten eine nützliche Plattform sein könnten, durch die die Leute gesundheitsbezogene Fragen stellen können und Antworten von akzeptabler Qualität erhalten».
Wenn einer einen Fehler macht, korrigieren ihn die anderen schon
Zwei Faktoren tragen zur geringen Fehlerhäufigkeit bei: Erstens bemühen sich die Betreiber der beobachteten Foren selber, eine gewisse Überwachung sicherzustellen. Zweitens funktioniert offenbar auch in diesem Bereich das Prinzip der «Weisheit der Massen»: Wenn einer einen Fehler reinschreibt, korrigieren ihn die anderen schon raus…
Die Forscher von
Royal Holloway zitieren auch einen Verantwortlichen des britischen Tipp- und Forumskanals
«Mumsnet» (knapp 8 Millionen Besucher pro Monat): Er wisse, so Rowan Davies, von keinem einzigen Fall, wo jemand zu Schaden gekommen sei wegen schlechter Gesundheits-Informationen auf dem Forum: «Inakkurate Informationen werden von den Leuten selber direkt angegangen, in dem diese Zweifel anmelden und anderslautende Aussagen einstellen. Es ist selten, dass inkorrekte oder veraltete Informationen nicht korrigiert werden.»