Numerus Clausus: Langsam geht etwas

Offenbar zeigt die Dauerkritik an den Eignungstests für das Medizinstudium langsam Wirkung. Der Bundesrat möchte nun ebenfalls, dass das Verfahren überprüft wird.

, 13. November 2015 um 10:43
image
  • ausbildung
  • studium
  • numerus clausus
Auslöser war ein Postulat von Ignazio Cassis, dem Tessiner FDP-Nationalrat und Curaviva-Präsidenten. Er hatte vom Bundesrat verlangt, einen Bericht über die Medizin-Eignungstests zu erarbeiten und dabei insbesondere auch das «israelische Modell» in Erwägung zu ziehen.
Der Bundesrat antwortete nun nicht direkt abschlägig, wenn auch mit dem Anfangshinweis, dass die Numerus-Clausus-Prüfungen eigentlich Sache der jeweiligen Universitätskantone seien. Dennoch: Man teile die Ansicht, dass das Verfahren überprüft werden sollte. 
«Die Schweizerische Hochschulkonferenz SHK soll 2016, unter der Koordinationsleitung des Bundes, im Bereich Humanmedizin die Thematik der Eignungsprüfungen aufnehmen», schreibt die Landesregierung. «Die SHK plant, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, welche Effizienz und Kosten sowie alternative Verfahren zum EMS prüfen und diskutieren soll». Die Resultate sollen bis Ende 2016 in Form eines Berichts vorgelegt werden.

Umgang mit supponierten Patienten

Das so genannte «israelische Modell» der Zulassung war jüngst von Jacques de Haller in die Diskussion eingebracht worden. Der Präsidenten der europäischen Ärztegesellschaft CPME zeigte sich in einem Interview mit dem welschen Radio RTS dabei optimistisch, dass bald auch auf Kantonsebene Änderungen bei der Medizinstudenten-Auswahl genügend Anhänger finden werden. An der Universität Genf gebe es zum Beispiel durchaus Leute, welche die Zustände ernsthaft prüfen und neu überdenken.
In Israel werden die Bewerber um einen Medizin-Studienplatz in einem zweistufigen Verfahren geprüft: Erst gibt es einen Psychometrietest. Die verbleibenden Bewerber müssen danach in einem Simulationstest ihr Verhalten in realitätsnahen Situationen prüfen lassen. Zu den Tests dieses Assessment gehören zum Beispiel auch Teamarbeiten oder der Umgang mit supponierten Patienten.
Eine Folge: Der Realitätstest verändert die zum Studium zugelassene Gruppe um etwa 20 Prozent. 

Der Ton hat sich geändert

Weiterhin hängig ist eine Motion der Gesundheitspolitikerin Ruth Humbel: Die CVP-Nationalrätin fordert gemeinsam mit 35 weiteren Parlamentarien, dass der Bundesrat mit den Kantonen eine Alternative zum Numerus clausus für die Zulassung zum Studium der Humanmedizin prüft. Dabei sei ein Praktikum als Ersatz oder in Ergänzung zu Tests der intellektuellen Fähigkeiten einzuführen. 
Bemerkenswert dabei: Der Bundesrat antwortete damals noch ablehnend. Die herkömmliche Art der Zulassungsbeschränkung «hat sich bewährt und garantiert eine qualitätsorientierte Auswahl der Studierenden, wie die hohen Studienerfolgsquoten an den Universitäten mit NC belegen», so die Antwort im vergangenen August.
In der Antwort an Ignazio Cassis hat sich der Tonfall nun offensichtlich verändert. «Der Bundesrat ist sich bewusst, dass in den letzten Monaten wiederholt Kritik am EMS geäussert worden ist», erklärt die Landesregierung denn auch einleitend.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Kampf gegen das Mittelmass: Die besten Medizin-Universitäten der Welt

Im «QS World University Ranking» erscheint die ETH als beste Schweizer Life-Sciences-Hochschule, und in der Zahnmedizin landen gleich zwei Schweizer Unis in den Top Ten. Immerhin.

image

Forschung und Praxis: Synergien für die Zukunft

Dr. Patrascu erklärt im Interview die Verbindung von Forschung und Praxis an der UFL. Er beschreibt die Vorteile des berufsbegleitenden Doktoratsprogramms in Medizinischen Wissenschaften und zeigt, wie die UFL durch praxisnahe Forschung und individuelle Betreuung Karrierechancen fördert.

image

Medizinstudium im Ausland: Jährlich lassen rund 100 Schweizer ihr Diplom anerkennen

2'200 Schweizerinnen und Schweizer absolvierten seit 2002 ihr Medizinstudium im Ausland und liessen danach ihr Diplom hier anerkennen. Alles «Numerus-Clausus-Flüchtlinge»? Nicht unbedingt.

image

Kantonsspital Glarus erhöht Budget für Ausbildung

Dieses Jahr wurden 38 Stellen für Lernende angeboten, nächstes Jahr sollen es 53 sein.

image

Facharztprüfung vs. Arbeitszeugnis: Der bessere Qualitäts-Indikator

Eine Analyse von 7'000 Spitalärzten legt nahe: Die Bewertung durch Vorgesetzte besagt wenig über die Qualität der Patientenversorgung. Das Facharzt-Examen hingegen schon.

image

Abschaffung des NC? «Finden wir nicht gut»

Dass der Numerus Clausus abgeschafft wird, stösst bei Medizinstudenten auf wenig Begeisterung. Sie fürchten Qualitätseinbussen.

Vom gleichen Autor

image

Überarztung: Wer rückfordern will, braucht Beweise

Das Bundesgericht greift in die WZW-Ermittlungsverfahren ein: Ein Grundsatzurteil dürfte die gängigen Prozesse umkrempeln.

image

Kantone haben die Hausaufgaben gemacht - aber es fehlt an der Finanzierung

Palliative Care löst nicht alle Probleme im Gesundheitswesen: … Palliative Care kann jedoch ein Hebel sein.

image

Brust-Zentrum Zürich geht an belgische Investment-Holding

Kennen Sie Affidea? Der Healthcare-Konzern expandiert rasant. Jetzt auch in der Deutschschweiz. Mit 320 Zentren in 15 Ländern beschäftigt er über 7000 Ärzte.