Masern: Wer sich nicht impfen lässt, zahlt 1'000 Franken Busse

Drastische Bussen für New Yorker, die sich nicht gegen Masern impfen lassen. Auch in europäischen Städten könnten Impf-Verweigern künftig Strafen drohen. Denn Forscher befürchten Masern-Wellen, wie man sie bisher nicht kannte.

, 10. April 2019 um 07:20
image
  • spital
  • impfung
  • masern
  • ärzte
  • forschung
285 neue Masernfälle in New York haben dazu geführt, dass in vier Quartieren von New York ab sofort der Masern-Notstand gilt: Wer sich nicht impfen lässt, zahlt eine Busse bis zu 1'000 Franken.
Auch in europäischen Städten sind die Masern im Vormarsch. In der Schweiz gab es im Januar und Februar dieses Jahres 50 Masernfälle, was im Vergleich zum Vorjahr mit 12 Fällen eine Vervierfachung bedeutet. Den grössten Ausbruch gab es in einer Privatschule in Biel, wo 17 Personen erkrankten.

Forscher fürchten gefährlichen Kreislauf

Gesundheitspolitiker diskutieren derzeit, mit welchen Massnahmen solche Ausbrüche künftig verhindert werden könnten. Denn Wissenschaftler haben anhand eines Beispiels aus Holland festgestellt, dass solche Ausbrüche zu einem bedrohlichen Kreislauf führen können, den es in dieser Form bisher nicht gab.
Untersucht haben die Wissenschaftler einen bestimmten Teil der Niederlande, wo sich die Menschen aus religiösen Gründen weniger häufig gegen das Masern-Virus impfen lassen. Etwa alle zwölf Jahre brechen dort die Masern aus und es erkranken mehrere Hundert Menschen, haben die Wissenschaftler Bartosz Lisowski, Steven Yuvan und Martin Bier aus Polen und den USA festgestellt. In der Fachzeitschrift «Biosystems» haben sie dargelegt, warum dieser verhängnisvolle Rhythmus entsteht.

Nach einem Ausbruch verschwindet das Virus für gewisse Zeit

Demnach steigt in dieser Gemeinschaft die Zahl ungeimpfter Menschen langsam an, bis es genügend ungeschützte Personen gibt. Dann kann sich das Virus ausbreiten. Nach etwa einem Jahr verschwindet der Erreger vorläufig. Denn viele Menschen, die die Krankheit überstanden haben, sind nun immun.
Erst durch neue Geburten wächst die Zahl der Menschen wieder, die sich mit dem Virus anstecken können. Dann beginnt eine neue Krankheitswelle. Einen ähnlichen Kreislauf könnte es künftig auch in anderen Regionen oder auch in Städten geben – und zwar dann, wenn an einem Ort die Zahl der Impfgegner steigt.

Vor 50 Jahren waren Masern überall verbreitet

Solche Masernwellen sind neu. Denn bis vor gut 50 Jahren waren Masern fast überall auf der Welt verbreitet, was dazu führte, dass es immer ungefähr gleich viele Krankheitsfälle gab. Doch dann wurde in den 60er- und 70er-Jahren die Masern-Impfung eingeführt. Die Zahl der Erkrankungen sank massiv.
Zwischenzeitlich hatte man sogar die Hoffnung, dass die Masern ausgerottet sein könnten. Heute sei dieses Ziel in weite Ferne gerückt, kommen nun die Forscher zum Schluss. Damit sich die Weiterverbreitung der Masern in einer Schule, in einer Firma oder in einer anderen Gemeinschaft stoppen lässt, bräuchte es mindestens 95 Prozent Geimpfte. 

Schlimmer, wenn Erwachsene die Masern haben

Vielerorts liegt dieser Anteil aber darunter, besonders in Städten oder religiösen Gemeinschaften, wo es viele Menschen gibt, die Impfungen für überflüssig oder gesundheitsschädlich halten. Wenn Masern nicht mehr konstant, sondern nur noch periodisch vorkommen, ist das laut den Wissenschaftlern schlimmer.
Menschen, welche die Erkrankung überstanden haben, sind lebenslang immun dagegen und können nicht mehr krank werden. Wer jedoch als Kind nicht erkrankt ist, ist bei der nächsten Ausbruchswelle schon älter, und das hat für Ungeimpfte gefährliche Folgen. Denn die Masern verlaufen mit zunehmendem Alter häufig schwerer.

Masern-Viren könnten gefährlicher werden

Die Wissenschaftler prophezeien, dass die sinkenden Impfraten immer häufiger zu lokalen Epidemien führen werden. Sie befürchten jedoch auch, dass sich die Viren so entwickeln, dass sie sich besser in kleineren Gruppen ausbreiten könnten. Zum Beispiel könnten sie vor den ersten erkennbaren Symptomen bereits länger ansteckend sein und dadurch ihre Chancen erhöhen, weitergegeben zu werden.
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Die meistzitierten Medizin-Forscher in der Schweiz

Besonders in Onkologie, Immunologie und Pharmakologie finden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Schweiz weltweit Beachtung.

image

ETH Zürich: Mikroroboter bringt Medikamente direkt ins Gehirn

ETH-Forschende haben einen magnetisch steuerbaren Mikroroboter entwickelt, der auch in komplexe Gefässstrukturen vordringt. Das System bringt Medikamente präzise an den Zielort – und löst sich danach auf.

image

Swiss Bridge Award 2025 geht an Krebsforschende aus Zürich und Berlin

Andreas Moor (ETH Zürich) und Inmaculada Martínez Reyes (DKFZ/Charité Berlin) erhalten je 250’000 Franken für ihre Arbeiten an zielgerichteten Krebstherapien – von «smarten» Proteinmolekülen bis zu personalisierten Immunzellen.

image

USZ, CHUV und USB gehören zu Europas forschungsstärksten Spitälern

Seit der Jahrtausendwende haben sich die Patentanmeldungen europäischer Kliniken verdreifacht. Schweizer Häuser spielen vorne mit.

image

Pharmagelder 2024: Zuwendungen an Schweizer Ärzte steigen leicht

2024 erhielten Ärzte, Spitäler und Fachgesellschaften zusammen 262 Millionen Franken – 16 Millionen mehr als im Jahr davor.

image

Empa-Forschende entwickeln selbsthaftende künstliche Hornhaut

Forschende der Empa und der Universität Zürich haben eine künstliche Hornhaut entwickelt, die künftig Spendergewebe ersetzen könnte.

Vom gleichen Autor

image

«Das Inselspital ist noch lange nicht über den Berg»

Das Inselspital wartete mit guten Meldungen auf. Doch der Insel-Kritiker Heinz Locher gibt keine Entwarnung.

image

So entgehen Sie dem Hochstapler-Syndrom

Viele Ärztinnen und Ärzte überfordern sich – und glauben dann selber, dass sie über ihrem Können spielen. Das ist schlecht für die Psyche.

image

Im Schaufenster stehen vor allem unwirksame Medikamente

Bieler Ärzte schlagen eine neue Etikette für rezeptfreie Arzneimittel vor. Sie soll zeigen, wie verlässlich die Wirksamkeit nachgewiesen worden ist.