Luzern: Ambulante 13er-Liste sorgt jetzt für Zündstoff

Die Luzerner Regierung will, dass bestimmte Eingriffe nur noch ambulant geschehen. Die Ärztegesellschaft lehnt die vorgelegte Liste nun aber ab.

, 23. Januar 2017 um 10:40
image
  • spital
  • gesundheitskosten
  • versicherer
In Luzern müssen sich Spitäler ab Mitte Jahr an die sogenannte 13er-Liste halten. Kurz: Der Kanton gibt vor, welche stationäre Behandlung akzeptiert wird, wenn sie aus medizinischen Gründen nicht ambulant durchgeführt werden kann.
Die Auswahl führt nun zu Diskussionen. «Wir lehnen eine solche Liste zum heutigen Zeitpunkt ab und werden nächsten Monat unter den kantonalen Fachgesellschaften eine eigene Vernehmlassung durchführen», sagt Aldo Kramis der «Luzerner Zeitung». Dies habe der Kanton unterlassen, so der Präsident der Luzerner Ärztegesellschaft.

«Freie Entscheidungsgewalt gefordert»

Es sei zudem ungeklärt, ob ein einzelner Kanton überhaupt legitimiert sei, Eingriffe, die vom Gesetz erfasst und also vom Bundesamt für Gesundheit definiert werden müssten, einseitig zu klassifizieren, fügt Kramis hinzu.
Und weiter: «Wir stossen uns speziell daran, dass Politik und Wirtschaft zunehmend aus rein ökonomischen Überlegungen Einfluss auf ärztliche Entscheidungen nehmen.» 
Der behandelnde Arzt brauche freie Entscheidungsgewalt und soll mit dem Patienten gemeinsam entscheiden, welche individuellen Massnahmen durch­geführt werden – unter Berücksichtigung von Ressourcen, Möglichkeiten und Ansprüchen an die eigene Lebensqualität, sagte Kramis der Zeitung weiter. 

Streitpunkt Mandel-OP:

Für Marcel Gärtner, Hals-, Nasen-, Ohrenspezialist mit langjähriger OP-Erfahrung, ist es «unglaublich und aus medizinischer Sicht nicht nachvollziehbar, dass die Mandeloperation auf der 13er-Liste des Kantons erscheint». Dies sagte er der «Luzerner Zeitung». Gärtners Begründung: Es werde nicht zwischen der (unproblematischen) Entfernung der Rachenmandel und der (komplikationsreicheren) Entfernung der Gaumenmandeln unterschieden.
«Die Liste ist nicht in Stein gemeisselt, sondern wird bei neuen Erkenntnissen fortlaufend angepasst, sagte Christos Pouskoulas, der Leiter der Gesundheitsversorgung des Kantons.
Pouskoulas stellt denn auch in Aussicht, dass die Einführung, Umsetzung und Entwicklung der Liste im März mit den Partnern besprochen werde – und zwar inklusive Mandeloperation.
Die Liste der Behandlungen und Untersuchungen, die in Luzern möglichst nur noch ambulant erbracht werden sollen:
  • Herzkatheteruntersuchung
  • Karpaltunneloperation
  • Operation grauer Star
  • Mandeloperation
  • Herzschrittmacher
  • Krampfaderoperation
  • Eingriffe an Blutgefässen
  • Hämorrhoiden
  • Leistenbruchoperation
  • Eingriffe am Gebärmutterhals
  • Kniespiegelung
  • Eingriffe am Kniemeniskus
  • Nierensteinzertrümmerung
Artikel teilen

Loading

Comment

Mehr zum Thema

image

Verhandlungen zwischen Versicherern und Spitälern: ein «halber Misserfolg»

In Genf gibt es keine Einigung bei den Zusatzversicherungen. Patienten erhalten für bestimmte Behandlungen keine Kosten mehr zurückerstattet.

image

Peter Indra geht zur Sanitas

Der Arzt und ehemalige Chef des Zürcher Amts für Gesundheit soll beim Krankenversicherer die Grundversorgung gezielt weiterentwickeln.

image

In Genf und Waadt geht es um die «Geiselnahme» der Zusatzversicherten

Der Konflikt zwischen Ärzten und Versicherern über die Kostenübernahme für Halbprivat- und Privatpatienten schwelt weiter: Die Waadtländer Ärztegesellschaft wendet sich an die Finma, während Genf ein Ultimatum stellt.

image

CSS fahndet nach Missbrauch und spart damit 38 Millionen Franken

Die CSS fällt immer wieder auf, wenn es um die Aufdeckung von Betrugsversuchen bei Krankenversicherungen geht.

image

Innovative Kinderradiologie am Kantonsspital Baden

Das Kantonsspital Baden setzt in seinem Neubau neue Massstäbe in der patientenfreundlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Die Kinderradiologie bietet ein breites Spektrum an diagnostischen und therapeutischen Leistungen und arbeitet eng mit anderen Fachbereichen zusammen.

image

Co-Creation im Gesundheitswesen

Zippsafe revolutioniert mit seinen Produkten das Gesundheitswesen. Ein platzsparendes Spindsystem optimiert Personalumkleiden, während ZippBag und ZippScan den Umgang mit Patienteneigentum verbessern. Erfahren Sie, wie die Produkte durch enge Zusammenarbeit mit Schweizer Spitälern entwickelt wurden.

Vom gleichen Autor

image

Arzthaftung: Bundesgericht weist Millionenklage einer Patientin ab

Bei einer Patientin traten nach einer Darmspiegelung unerwartet schwere Komplikationen auf. Das Bundesgericht stellt nun klar: Die Ärztin aus dem Kanton Aargau kann sich auf die «hypothetische Einwilligung» der Patientin berufen.

image

Studie zeigt geringen Einfluss von Wettbewerb auf chirurgische Ergebnisse

Neue Studie aus den USA wirft Fragen auf: Wettbewerb allein garantiert keine besseren Operationsergebnisse.

image

Warum im Medizinstudium viel Empathie verloren geht

Während der Ausbildung nimmt das Einfühlungsvermögen von angehenden Ärztinnen und Ärzten tendenziell ab: Das besagt eine neue Studie.