Über eine halbe Million Franken forderten betroffene Krankenkassen von einem Bieler Arzt zurück. Er habe seine Patienten zu teuer behandelt, so der Vorwurf, über den Medinside
hier berichtete. Die Fälle liegen bis zu sieben Jahre zurück. So lange stritt sich der Arzt mit dem Krankenkassenverband Santésuisse. Dieser gibt nun klein bei und macht keine Beschwerde vor Bundesgericht.
Neue Vergleichsmethode
Das Bundesgericht hatte vor gut zwei Jahren zu Gunsten des Arztes entschieden. Er betreue alte, sehr kranke und ausländische Patienten; ausserdem mache er viele Hausbesuche, begründeten die Richter.
Die Kosten des Arztes wurden dann neu berechnet. Dabei zeigte sich, dass die Besonderheiten der betroffenen Arztpraxis tatsächlich zu wenig berücksichtigt worden sind. Die Krankenkassen haben sich auf eine veraltete Vergleichsmethode gestützt.
So wird berechnet
Seit 2019 haben die Krankenkassenverbände Santésuisse und Curafutura zusammen mit der Ärzteverbindung FMH eine neue statistische Methode zum Aufdecken von Ärzten mit auffälligen Kosten.
Bei dieser Methode werden der Krankheitsgrad der Patienten und der Standort der Praxis berücksichtigt. Daraus wird ein Index berechnet. Er zeigt, um wie viele Prozentpunkte eine Arztpraxis mit ihren verrechneten Kosten über dem erwarteten Wert liegen. Ärzte, die den mittleren Indexwert von 100 deutlich überschreiten, gelten als statistisch auffällig und werden genauer geprüft.
Arzt darf 20 Punkte mehr haben
Nach der neuen Methode steht dem Bieler Arzt wegen des hohen Krankheitsgrades seiner Patienten und des Standorts seiner Praxis ein Zuschlag von 20 Indexpunkten zu. Damit fällt er mit der neuen Beurteilungsmethode unter die Schwelle zur Überarztung.
Santésuisse fügt sich nun diesem Resultat. Gegenüber der «Berner Zeitung» sagte Santésuisse-Sprecher Matthias Müller: «Wir möchten keine veraltete Methodendiskussion juristisch weiterführen.» Er betonte jedoch auch, dass die richterliche Beurteilung wichtig gewesen sei. Die Krankenkassen müssten sich dagegen wehren, wenn ein Arzt ausserordentlich hohe Kosten verrechne.
Warum Ärzte ihre Rechnungen prüfen lassen müssen
Das Bundesgesetz über die Krankenversicherung KVG schreibt vor: Die Leistungen müssen wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein. Dieser Gesetzesartikel gilt vor allem dann, wenn Ärzte ihre Rechnungen an die Kranken, Unfall-, Invaliden- und Militärversicherung stellen.
Die Ärzteverbindung FMH betreibt eine Arbeitsgruppe WZW (Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit), welche sich um die Grundlagen für eine korrektere Beurteilung der Ärzte-Rechnungen kümmert.