Krankenkassen blocken Geldforderungen der Kantone ab

Barsch weisen die Krankenversicherungen jegliche Ansprüche von Kantonen und Spitälern ab. Sie wollen ihre Reserven unter allen Umständen für die Versicherten behalten.

, 10. Juni 2020 um 15:00
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Nun gibt der Krankenkassenverband Santésuisse den Kantonen den Tarif durch: «Die Prämienzahlerinnen und Prämienzahler werden bestimmt nicht für Operationen oder anderweitige Behandlungen aufkommen, die gar nie durchgeführt wurden», schreibt der Verband in einem Brief an die kantonalen Gesundheitsdirektoren.

Wo sind die Gewinne?

Süffisant begründet Santésuisse seine Ablehnung: «Bekanntermassen haben zahlreiche Spitäler in den letzten Jahren Gewinne erwirtschaftet, wobei diese nie den Prämienzahlerinnen und -zahlern zugutegekommen sind, sondern an ihre Eigentümer, wozu auch die Kantone gehören, überwiesen wurden.»
Mit ihrem Brief wollen die Krankenkassen jegliche Forderungen der Kantone im Keim ersticken. Wiederholt wurde nämlich der Vorschlag gemacht, dass die Krankenkassen einen Teil der Ertragsausfälle der Spitäler übernehmen könnten.

Reserven gehören nur den Versicherten

Die Versicherer kontern allerdings vehement: Es sei unsachgemäss, Prämiengelder für solche Zwecke zu missbrauchen. Die angehäuften Reserven der Versicherer dürften einzig dazu dienen, für die durch die Epidemie ent­standenen Behandlungskosten ihrer Versicherten aufzukommen.
Sollten die Kosten im laufenden Jahr tatsächlich unter den Prämieneinnahmen zu liegen kommen, könnten immer noch Rückzahlungen an die Prämienzahlerinnen und Prämienzahler gemacht werden. Santésuisse betont allerdings auch, dass die Versicherer derzeit einen Anstieg und keineswegs wie vielfach vermutet einen Rückgang der Behandlungskosten verzeichnen.

«Wie Rugby auf dem Fussballfeld»

Auch Curafutura, der Verband der Krankenversicherer CSS, Helsana, Sanitas und KPT, hat sich schon zum Thema geäussert – in ähnlich deutlichen Worten: Curafutura sprach von «Rugby auf dem Fussballfeld» und «regelwidrigem Spiel» der Gesundheitsdirektoren.
Wohl entgehe den Spitälern wegen nicht durchgeführter Operationen und leeren Betten viel Geld, räumt Curafutura ein. Dass die Gesundheitsdirektoren dieses fehlende Geld nun aber ausgerechnet bei den Krankenversicherern wähnen, widerspreche den Regeln und Logik des Schweizer Gesundheitssystems. Das Geld in den Reserven gehöre den Versicherten und sei ausschliesslich für den Bezug von Leistungen gedacht.

Kanton hätten früher vorsorgen sollen

Streitlustig bemerkt Curafutura an die Adresse der Kantone: «Es wäre jetzt an der Zeit, statt nach den gemeinsam ersparten Geldern der Versicherten zu schielen, einen kritischen Blick auf das Resultat eigener Unterlassungen zu wagen.» Damit spricht der Verband «die unnötig grosse Anzahl von Spitälern» an und die bisher zu zaghafte regionale Koordination in der Schweiz.
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